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Rheinland-Pfalz

BUND-Rechtsgutachten: Bundesverkehrswegeplan ist verfassungswidrig – auch zahlreiche Planung in Rheinland-Pfalz müssen sofort gestoppt und neu bewertet werden

07. Oktober 2021 | Flüsse & Gewässer, Klimawandel, Mobilität, Naturschutz, Wälder

Bau der A1 (Eifel), des Moselaufstiegs bei Trier, der Ortsumgehungen der B8 im Kreis Altenkirchen, der Rheinbrücke bei Wörth (Pfalz) und Ausbau der B10 (Pfälzerwald) und der A643 (Mainz) nicht zukunftsfähig

Anlässlich der anstehenden Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene veröffentlicht der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ein von ihm in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zum Bundesverkehrswegeplan. Dieses Gutachten zeigt, dass sowohl der Fernstraßenbedarfsplan (Anlage zum Fernstraßenausbaugesetz vom 23.12.2016) als auch der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 die EU-rechtlichen Vorgaben zur Strategischen Umweltprüfung nicht erfüllen. Darüber hinaus beachten die Pläne die Belange des Klimaschutzes nicht entsprechend des Klimabeschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 23.04.2021 und sind deshalb unions- und verfassungsrechtswidrig. Auch Straßenneubauprojekte in Rheinland-Pfalz sind hiervon betroffen.

Hierzu BUND-Landesvorsitzende Sabine Yacoub: „Das Gutachten zeigt: Die Fernstraßenplanungen, die zu einer Erhöhung der Treibhausgasemissionen führen, sind mit Grundgesetz und Klimaschutzgesetz nicht vereinbar. Statt immer neue und größere Straßen zu bauen, brauchen wir gerade in ländlichen Regionen mehr öffentlichen Verkehr mit Bus und Bahn. Der Verkehrssektor bleibt für einen Großteil der Treibhausgasemissionen verantwortlich, Klimaschutzziele lassen sich mit immer neuen Straßen nicht einhalten. Und auch Artenvielfalt und Biodiversität leiden unter immer neuen, immer größeren Straßenbauten. Klimaschutz ist nach eigener Aussage ein bedeutender Arbeitsschwerpunkt der Landesregierung. Wir erwarten deshalb von ihr, dass Projekte wie der geplante Bau der A1 oder der Ausbau der B10 durchs Biosphärenreservat schnell gestoppt und unter Berücksichtigung aller Klima- und Naturschutzaspekten neu bewertet werden.“

2022 steht die Überprüfung des Fernstraßenbedarfsplans an. Diese Überprüfung muss Anlass sein, die Fehlplanung der letzten Jahrzehnte einer Generalüberholung zu unterziehen. Ziel einer Überarbeitung und Neubewertung aller Verkehrsinfrastrukturprojekte muss sein, die Emissionsbudgets des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Bis 2030 müssen dafür die Treibhausgasemissionen im Verkehr, wie im Klimaschutzgesetz vorgegeben und vom Bundesverfassungsgericht unterstrichen, nahezu halbiert werden. Nur mit einer deutlichen Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs und einer Stärkung des öffentlichen Verkehrs und Radverkehrs lässt sich dieses Ziel erreichen.

Situation in Rheinland-Pfalz:

In Rheinland-Pfalz gibt es zahlreiche Projekte, die auf den Prüfstand gehören. Darunter der Bau der A1 in der Eifel: Durch den geplanten Autobahnneubau würden mehrere europäische Natura 2000-Schutzgebiete beeinträchtigen, wertvolle Quellbereiche zerstören und in großem Umfang Boden versiegelt, der für den Wasserrückhalt in der Fläche dringend erforderlich ist.

Ein weiteres besonders klimaschädliches Projekt ist der geplante autobahngleiche 4-spurige Ausbau der B10 durch das Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen. Der Ausbau soll insbesondere LKW-Transitverkehr begünstigen und würde so in erheblichem Maße neuen klimaschädlichen LKW-Verkehr hervorrufen.

Auch der Bau der zweiten Rheinbrücke zwischen Wörth und Karlsruhe führt in die völlig falsche Richtung. Statt einer weiteren Auto-Brücke ist die deutliche Verbesserung des öffentlichen Verkehrs für den Klimaschutz und die nachhaltige Regionalentwicklung vonnöten.

Der geplante Bau von Ortsumgehungen im Rahmen der B8 zwischen Altenkirchen und Weyerbusch würde Natur und Landwirtschaft wichtige Flächen entziehen und wie alle Straßenneubauten den Verkehr erhöhen. Der Ortgemeinderat von Weyerbusch hat dies erkannt und die geplante Ortsumgehung Ende September einstimmig abgelehnt.

Auch die Jahrzehnte alte Planung eines Moselaufstiegs bei Trier würde mehr Verkehr anziehen und die dringend erforderliche Mobilitätswende behindern. Außerdem würde wertvoller Wald und Wildkatzenlebensraum zerschnitten.

Nicht zuletzt der geplante Ausbau der A643 durch den Mainzer Sand muss dringend gestoppt werden. Die Autobahn führt durch ein einzigartiges Naturschutz- und Natura 2000-Gebiet und belastet es schon jetzt durch Lärm und Abgase. Hier wurde bei Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans auf Initiative von Naturschutzverbänden und der Initiative „Nix in den Mainzer Sand setzen“ ein Kompromissvorschlag – die sog. 4+2-Lösung – erarbeitet und vom Land angemeldet, der aber vom Bund ignoriert wurde.

Mehr Informationen:

Das vom BUND in Auftrag gegebene Gutachten zeigt auf, dass der Bundesverkehrswegeplan erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Er ist weder mit dem Ziel der Klimaneutralität noch mit Artikel 20a des Grundgesetzes vereinbar. Dieser besagt, dass der Staat auch für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen künftiger Generationen sowie der Tiere verantwortlich ist. Das Pariser Klimaabkommen sieht eine Begrenzung auf deutlich unter zwei Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau vor. Der BVWP 2030 hat die Ziele des Pariser Klimaabkommens aber gar nicht berücksichtigt, sondern orientierte sich an anderen Maßgaben. Es ist auch nicht erkennbar, dass eine Einhaltung der Minderungsziele für den Verkehrssektor bei Realisierung der im Bundesverkehrswegeplan vorgesehenen Straßenprojekte gelingen kann. Es ist deshalb fraglich, ob dieser Plan noch bindend für die einzelnen Fernstraßenprojekte einen Bedarf vorgeben kann.

Das Rechtsgutachten im Auftrag des BUND finden Sie unter: www.bund.net/bvwp-rechtsgutachten

Eine Zusammenfassung des Gutachtens finden Sie unter: www.bund.net/bvwp-zusammenfassung

Die neue Bundesregierung muss die Mobilitätswende endlich voranbringen. Deshalb ruft der BUND mit vielen anderen für den 8. - 10. Oktober zu einem dezentralen Aktionswochenende auf. Bundesweit bringen Menschen ihre Forderungen auf die Straße.

Informationen zu den einzelnen Straßenprojekten:

Für Rückfragen:

Sabine Yacoub, 0174-9971892

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