Im Bereich Landwirtschaft erhofft sich die BUND-Landesvorsitzende Sabine Yacoub Impulse für Rheinland-Pfalz: „Die neue Bundesregierung will die Umsetzung der europäischen Agrarpolitik unverzüglich an Klima- und Umweltschutz-Ziele anpassen und Bäuerinnen und Bauern ein Einkommen sichern. Für Naturschutz und Klimaanpassung soll es zusätzliche Finanzmittel geben. Kooperationen zwischen Naturschutz und Landwirtschaft sollen gestärkt werden. Das sind alles Schritte in die richtige Richtung. Wobei noch ungeklärt ist, wo die zusätzlichen Mittel herkommen sollen. In Rheinland-Pfalz ist in der Landwirtschaft auch noch viel zu tun. So haben wir auf unseren gemeinsamen ‚Schulterschluss Artenvielfalt‘ zwischen Naturschutz- und Bauernverbänden nach mehreren Monaten immer noch keine Antwort von der Landesregierung erhalten.“
Yacoub begrüßt außerdem, dass für den Naturschutz mehr getan werden soll. So sollen 30 Prozent der Fläche wirksam unter Schutz gestellt sein. Auch hier sieht Yacoub Handlungsbedarf im eigenen Bundesland: „Nicht nur bei der Ausweisung von Schutzgebieten haben wir Nachholbedarf, auch im wirksamen Schutz. Gerade bei den nach europäischem Recht ausgewiesenen Natura 2000-Gebieten gibt es noch viel zu tun. Es existieren zwar mittlerweile für die allermeisten Flächen Bewirtschaftungspläne, diese sind aber nicht verbindlich und werden deshalb oft nicht umgesetzt.“ Der im Koalitionsvertrag angekündigte Bundesnaturschutzfond könnte für das Land eine Chance sein: „Wir erwarten, dass in Rheinland-Pfalz mit den Naturschutzmitteln ambitionierte Schutzprojekte umgesetzt werden. Dabei sind wir gerne bereit, die Erfahrungen unserer zahlreichen Engagierten in die Entwicklung von guten Projekten einzubringen.“
Auch im Klimaschutz sind einige positive Ansätze zum Ausbau der Erneuerbaren zu finden. Dennoch äußert sich der Stellvertretende Landesvorsitzende Michael Carl kritisch: „Bezeichnend für den neuen Koalitionsvertrag im Energiebereich ist, dass der Begriff ‚Energiesparen‘ darin überhaupt nicht vorkommt. Die Steigerung bei den erneuerbaren Energien ist ökologisch nur dann vertretbar, wenn auch der aktuelle Energiebedarf massiv heruntergefahren wird. Wird einfach nur aus dem Bereich Elektroauto und Wärmepumpe draufgesattelt auf den Stromverbrauch, ist mit einer naturverträglichen Energiewende kaum zu rechnen. Dies gilt in gleicher Weise auch für Rheinland-Pfalz. Ebenso verhängnisvoll ist die Verlagerung eines großen Teiles der Windenergie in Nord- und Ostsee, dahin, wo sich außer ein paar Umweltverbänden keiner mehr wehrt! Ohne ein gutes Stück Suffizienz, also Bescheidenheit im Umgang mit unseren Ressourcen, wird die Transformation des Staates in eine neue Energiezukunft kaum gelingen. Absehbar ist das zumindest mit den meisten Koalitionspartnern nicht.“
Als durchweg enttäuschend beurteilt der BUND den Verkehrsteil. „Schon allein der Ausschluss jeglicher Tempobeschränkung zeugt von Ignoranz der anhaltenden Gefahren des Autoverkehrs für Leib und Leben, Gesundheit, Landschaft und Klima. Der vermutlich verfassungswidrige Bundesverkehrswegeplan 2030 soll mit sog. Dialogen im Prinzip noch viele Jahre umgesetzt werden. Hier werden wir bei vielen Autobahn- und Bundesstraßen-Großprojekten mit aller Kraft dazwischengrätschen, sei es bei der A 1 durch die Eifel, der A 643 durch den Mainzer Sand, der B 10 durch den Pfälzerwald oder so mancher als harmlos deklarierten neutrassierten Umgehung“, kündigt Landesvorstandsmitglied Egbert Bialk an. Auch in Städten müsse durch eine neue STVO mehr Raum für Rad- und Fußverkehr, also Entschleunigung und Aufenthaltsqualität ermöglicht werden. Und dem Ausbau des Bahnsektors fehle es an Priorität und Finanzierung. Die umweltschädlichen Subventionen für das Auto müssen endlich abgeschafft werden.
Ein oft vernachlässigter, aber für Mensch und Umwelt bedeutendes Themenfeld ist die Belastung mit chemischen Stoffen. Hier begrüßt der BUND, dass Chemiepolitik überhaupt im Vertrag behandelt wird. Es fehlt jedoch eine Strategie, wie mit gesundheitsgefährdenden Stoffen in der Umwelt umgegangen wird. So sind insbesondere die sog. PFAS im Wasser hochmobil und belasten bereits z.T. unser Trinkwasser. Die Belastungen stammen überwiegend von ehemaligen oder aktuellen Militärflughäfen. Deshalb appelliert der BUND an das Land, über Initiativen im Bundesrat die Bundesregierung zum Handeln zu bringen.
Die neue Bundesregierung wird der BUND Rheinland-Pfalz konstruktiv und zugleich kritisch begleiten. „Bei ökosozial ambitionierten Einzelprojekten sichert unser Verband seine eindeutige Unterstützung zu, bei Maßnahmen, die den Klimakollisionskurs fortsetzen oder weitere Naturressourcen verbrauchen, werden wir unsere gesetzlichen Beteiligungsrechte notfalls auch nutzen, um diese zu stoppen. Wichtig ist vor allem aber ein fachlicher und partnerschaftlicher Dialog zwischen Exekutive und uns als aktivem Teil der demokratischen Zivilgesellschaft. Wir hoffen hier auf den Ausbau der Beziehungen zwischen der Bundesregierung und dem BUND“, so abschließend Sabine Yacoub.
Weitere Informationen
Analyse des BUND Bundesverbands zum Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP: www.bund.net/service/publikationen/detail/publication/analyse-des-koalitionsvertrags-von-spd-buendnis-90-die-gruenen-und-fdp/
Schulterschluss Artenvielfalt: www.bund-rlp.de/service/presse/detail/news/schulterschluss-artenvielfalt-gemeinsamer-appell-von-landwirtschaft-und-naturschutz-an-die-zukuenftige-landesregierung/
Für Rückfragen:
Sabine Yacoub, 0174-9971892