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Rheinland-Pfalz

Corona lehrt uns: Rheinland-Pfalz braucht nachhaltige und krisenfestere Strukturen - Offener Brief

29. April 2020 | Energiewende, Ernährung, Flüsse & Gewässer, Gefährdete Tiere und Pflanzen, Klimawandel, Landwirtschaft, Lebensräume, Massentierhaltung, Mobilität, Nachhaltigkeit, Naturschutz, Ressourcen & Technik, Suffizienz

BUND appelliert an die Landespolitik: Schützen Sie unsere Lebensgrundlagen, gestalten Sie unsere Wirtschaft öko-sozial um, stärken Sie das Gemeinwohl und die zivile Demokratie!

Mainz. „Unser Land ist im Ausnahmezustand. Ein Weiter-so kann es nach der Coronakrise nicht geben. Zu viele frühere Selbstverständlichkeiten sind infrage gestellt: permanentes Wirtschaftswachstum, Bürger*innen-Rechte, Gesundheit, unsere Lebensgrundlagen … die Liste ließe sich fortsetzen.  Rheinland-Pfalz braucht eine öko-soziale Umgestaltung, sonst taumeln wir von einer Krise in die nächste“, meint die Landesvorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Rheinland-Pfalz, Sabine Yacoub. Darum habe der BUND einen mehrseitigen „Offenen Brief an die Landespolitik“ verfasst und an Landesregierung, Abgeordnete und Parteien versandt, worin in zwölf zentralen Themenfeldern neue Weichenstellungen eingefordert werden.

Auf dieser Grundlage knüpfe der BUND in Rheinland-Pfalz Netzwerke mit anderen öko-sozialen Verbänden und werde mit ihnen die Landesparteien gemeinsam auf den Prüfstand stellen. „Wir wollen damit unser Land ein Stück krisen- und zukunftsfähiger machen. Nach den Erfahrungen mit der aktuellen Krise sind die Menschen und auch die Verbände zu tiefgreifenden und notwendigen Reformen und Anstrengungen bereit. Die Politik muss diesen Mut aber noch beweisen“, so Yacoub.

Der BUND stellt zunächst fest, dass vor allem unser Konsum- und Lebensstil sowie die gesamte Wirtschaftsweise an Grenzen gestoßen sei. Die vorherrschende Ökonomie basiere auf beständigem, grenzenlosen Wachstum. „Dies ist in unseren begrenzten Systemen ruinös und gefährlich. Es sprengt nicht nur die Gesundheits- und Sozialsysteme, sondern auch unsere Lebensgrundlagen insgesamt und unsere ökonomische Basis. Ein grundlegendes politisches Umdenken ist darum unumgänglich“, meint Landesvorstandsmitglied Egbert Bialk.

Chancen für einen Wandel sieht der BUND in zukünftigen Konjunkturprogrammen, die aus der wirtschaftlichen Corona-Krise helfen sollen. Diese müssten, auch im Land, gezielt in Klimaschutz und Gemeinwohl investiert werden. Beispielsweise in den Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Sanierung von Altbausubstanz und den Ausbau des ÖPNV. Diese Maßnahmen stärkten kleinere Betriebe und sicherten so regionale Arbeitsplätze nachhaltiger als kapitalintensive Großprojekte. So könne neben dem Klimaschutz auch die Regional- und Gemeinwohlwirtschaft unterstützt und gute Arbeit geschaffen werden.

Gesundheit und Umwelt müssten künftig zusammengedacht werden, zum Beispiel der Umgang mit Tieren müsse grundlegend verändert werden, heißt es im BUND-Papier. Wegen der Gesundheitsgefahren, aber auch aus Klima- und Artenschutzgründen brauchten wir eine Abkehr von der fleischlastigen, industriellen Agrarwirtschaft. Rheinland-Pfalz brauche eine gute Ernährung für alle, vor allem durch eine Stärkung der ökologischen-bäuerlichen Landwirtschaft.

Auch der Klimaschutz dürfe nicht im Schatten der Coronakrise hintangestellt werden. „Die Klimakrise macht keine Pause, sie erfordert noch erhebliche Anstrengungen über viel längere Zeiträume als bei einer Viruspandemie“, stellt der stellvertretende Landesvorsitzende Michel Carl fest und fordert eine konsequente Fortsetzung der Energiewende, z.B. Initiativen des Landes zum Vollzug des Kohleausstiegs, des Ausbaus der Windkraft und zur Abschaffung des hemmenden „Solardeckels“. Auch eine neue Initiative für eine bürger*innenfreundliche, umweltschonende Mobilität in Stadt und Land müsse jetzt gestartet werden, mit einer generellen Entschleunigung, der Wiederbelebung von Schienenverbindungen und eine Umlenkung von Straßenbaugeldern in den ÖPNV und den Rad- und Fußwegebau. Carl: „Das schafft Arbeitsplätze, und Mensch und Natur atmen auf.“

„Wenn wir unsere Lebensgrundlage für uns und zukünftige Generationen sichern wollen, dann brauchen wir eine möglichst intakte Natur“, ergänzt Yacoub. Um das Artensterben aufzuhalten brauche es insbesondere wieder mehr Strukturen wie Hecken und artenreiche Wiesen in der Agrarlandschaft, um Lebensräume zu bieten und zu vernetzen. Der Wald müsse naturnah umgebaut werden, damit er gegenüber der Trockenheit widerstandsfähiger sei. Boden und Wasser müssten vor hohen Nitratbelastungen geschützt werden, die Neuversiegelung von Flächen müsse verhindert werden.

Der BUND-Forderungskatalog behandelt auch Themenbereiche, die weit über Natur- und Umweltschutz hinausgehen. Im Bildungsbereich genüge es nicht die Schulen digital aufzurüsten, es müsse viel mehr Wert auf eine ökologische Grundbildung und den Abbau von sozialen Benachteiligungen gelegt werden. Im Sinne einer gerechten Globalisierung müssten entwicklungspolitische Initiativen gefördert werden.

„Besonders wichtig ist uns auch, dass die derzeitigen Einschränkungen der bürgerlichen Grundrechte so bald wie möglich wieder aufgehoben werden, damit sich unsere zivile Demokratie weiterentwickeln kann“, betont Egbert Bialk abschließend. „Wir Verbände sind bereit, die politischen Entscheidungsträger*innen kritisch, aber konstruktiv bei der Krisenbewältigung zu unterstützen, nicht nur aktuell bei Corona sondern auch bei der Klimakrise, der Biodiversitätskrise und der Überwindung unserer Wirtschaftskrise. Investitionen müssen künftig dorthin gelenkt werden, wo sie unser Land nachhaltig und krisenfester machen.“

Zum Offenen Brief...

Für Rückfragen:

  • Sabine Yacoub, 0174-9971892
  • Egbert Bialk, 0261 94249638
  • Michael Carl, 02620 8416

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