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Rheinland-Pfalz

Desaster im Dutzend: B 10 dabei

09. Februar 2021 | Klimawandel, Lebensräume, Nachhaltigkeit, Naturschutz, Wälder, Mobilität

Zwölf unwirtschaftliche, natur- und klimaschädliche Autobahnen und autobahnähnliche Bundesstraßenprojekte unter der Lupe

Berlin/Mainz. Die B 10 hat es geschafft: Sie ist in der BUND-Hitliste der zwölf unsinnigsten Straßenbauprojekte Deutschlands enthalten. Nicht nur im Süden unseres Bundeslandes, auch in ganz Deutschland wird die B 10 als besonders unwirtschaftlich und umweltschädlich bewertet. „Wir sehen uns in unserer Einschätzung und unserem Engagement gegen den autobahngleichen Ausbau der B10 durch das Biosphärenreservat Pfälzerwald durch unseren Bundesverband bestätigt“, meint BUND-Landesvorsitzende Sabine Yacoub.

Der BUND Rheinland-Pfalz nennt eine Reihe von Argumenten gegen den vollständigen Ausbau von Pirmasens bis Landau und wirft einige Fragen auf:

  • Trotz der zwingenden Notwendigkeit, die Treibhausgase des Verkehrs massiv zu reduzieren, die Biodiversität zu schützen und endlich die Mobilität der Zukunft zu gestalten, hält die aktuelle Bundesregierung an ihrem Straßenbau-Maximalprogramm fest, das auch die B 10 durch den Pfälzerwald umfasst. Sind Klimaveränderung, Verkehrswende oder Gewässerschutz für die Bundesregierung Fremdworte?
  • Neue Straßenbauprojekte haben mittlerweile kaum noch vertretbare Kosten. Statt Hunderter von Millionen in den Ausbau einer Straße mit fraglichem Nutzen-Kosten-Verhältnis (bei aktueller Betrachtung) zu investieren, wäre der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs, etwa mit einem zweigleisigen Ausbau der parallel führenden Bahnstrecke weitaus zukunftsfähiger. Haben die Ausbaubefürworter nach all den Corona-Milliarden noch die Traute für ein solches Projekt Geld zum Fenster hinauszuwerfen?
  • Zwischen Hinterweidenthal und Annweiler ist kein sehr hohes Verkehrsaufkommen zu erwarten – es sei denn man schafft die Voraussetzungen dafür, dass Tausende zusätzlicher Lastkraftwagen die Strecke anstelle der vorhandenen Autobahnen nutzen. Das Verkehrsaufkommen in Deutschland muss mittelfristig deutlich sinken, will man eine Verkehrswende ernsthaft in Betracht ziehen. Die Erhöhung der Spritpreise durch die CO2-Abgabe wird ihr Übriges tun. Wie steht die Bundesrepublik Deutschland zu ihren eigenen Klimazielen?
  • Das Gebirge erlaubt aufgrund seiner Tektonik keine aus Umweltschutzgründen vertretbare Querung. Die extrem landschaftsverändernden Baumaßnahmen bei Hinterweidenthal sprechen eine klare Sprache. Haben die Ausbaubefürworter kein Herz für den Pfälzerwald, seine Einzigartigkeit und seine landschaftliche Schönheit und widersprechen diese Bautätigkeiten nicht eindeutig der Tatsache, dass der Pfälzerwald ein Biosphärenreservat ist?
  • Schon seit den 1930er Jahren wird in schöner Regelmäßigkeit der Ausbau dieser Straße propagiert. Was nichts daran geändert hat, dass (zuletzt in den 1980er Jahren) ihr Bau immer wieder verworfen wurde. Haben die Befürworter nichts aus der Geschichte gelernt?

Hintergrund

Mit dem „Desaster im Dutzend“ zeigt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) an insgesamt zwölf Autobahnen und autobahnähnlichen Bundesstraßenprojekten, wie Kosten deutlich zu niedrig angesetzt, europäisches Umweltrecht ausgehebelt sowie faire Öffentlichkeitsbeteiligung und Alternativenprüfung verweigert werden. In allen Fällen sind kostengünstige, umweltschonende und schnell umzusetzende Alternativen zum Bau dieser Fernstraßenprojekte möglich. Zugleich wird in der heute veröffentlichten Broschüre beschrieben, wie der Übergang zu einer verkehrsträgerübergreifenden Mobilitäts- und Infrastrukturplanung der Zukunft aussehen kann.

Über 1.000 Bundesfernstraßen, also Autobahnen und Bundesstraßen, mit allein 850 neuen Kilometern Autobahn, will die Bundesregierung bis zum Jahr 2030 bauen. Damit würden die CO2-Emissionen steigen, 170 Natura-2000-Gebiete – die höchste europäische Schutzkategorie – erheblich beeinträchtigt und die Mobilitätswende verhindert.

Olaf Bandt, BUND-Vorsitzender: „Neue Autobahnen und autobahnähnliche Bundesstraßen sind nicht mehr zeitgemäß. Die breiten Proteste gegen den Bau der A 49 durch den jahrhundertealten Dannenröder Wald haben diesen Konflikt deutlich aufgezeigt. Doch es gibt noch viele weitere klimaschädliche, naturzerstörende, überteuerte und unnötige Fernstraßenprojekte, die jetzt noch verhindert werden können und müssen.“ Das Klimaschutzgesetz von 2019 verlangt, die Treibhausgasemissionen im Verkehr bis 2030 um 42 Prozent zu reduzieren. Dafür braucht es einen sofortigen Neubaustopp und ein Moratorium für die Planung großer Fernstraßenneubauten. Das eingesparte Geld muss in den Straßenerhalt und den Ausbau der Schiene investiert werden, um Personen- und Güterverkehr klimafreundlich zu verlagern. Bandt weiter: „Wir müssen die Mobilitätswende sofort angehen. Diese und weitere überdimensionierte, überteuerte und umweltschädliche Projekte müssen sofort aus allen Plänen gestrichen werden.“

Dr. Werner Reh, Sprecher des BUND-Arbeitskreises Verkehr und Autor der Broschüre: „Bei der 2022 anstehenden turnusmäßigen Überprüfung des Fernstraßenbedarfsplans muss eine Generalrevision dieser gigantischen Fehlplanung und der Startschuss für eine zukunftsfähige Mobilitätsplanung erfolgen. Aufgrund der Kostenexplosionen ist nur noch ein Drittel der als vordringlich eingestuften Fernstraßenprojekte tatsächlich finanziert. Das eigentliche Ziel der großen und überdimensionierten Straßenprojekte ist es, mehr Verkehr zu erzeugen und dadurch den Straßenbau zu verewigen.“ Mit Rechentricks in der Nutzen-Kosten-Analyse für die es keine empirische Basis gibt, wurde die Wirtschaftlichkeit der Projekte schön gerechnet. Die europarechtlich vorgeschriebene Strategische Umweltprüfung wurde beim letzten Bedarfsplan unterlassen. Der BUND fordert, dass sie nun nachgeholt wird.

Reh abschließend: „Wer die verkehrspolitischen Probleme langfristig lösen will, wird das nur mit einer integrierten Verkehrs- und Mobilitätsplanung sowie einer verkehrssparsamen Raum- und Stadtentwicklung schaffen. Mit anderen Worten: mit einer nachhaltigen Mobilitätpolitik.“

Weitere Informationen

BUND-Broschüre „Desaster im Dutzend“

Kontakte:

Michael Carl, Stv. BUND-Landesvorsitzender: 02620-8416

Sabine Yacoub, BUND-Landesvorsitzende: 0174-9971892

Dr. Werner Reh, Sprecher BUND-AK Verkehr, Mobil: 0176-45719292, w.reh(at)bund.net

Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik, Tel. 030-27586467, jens.hilgenberg(at)bund.net

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