BUND Landesverband
Rheinland-Pfalz

Ausbau der B10 ist weder bürgerfreundlich noch gut fürs Biosphärenreservat Pfälzerwald Aktuelle Planungen sind ein weiterer Anschlag auf das Biosphärenreservat

08. Januar 2018 | Lebensräume, Mobilität, Nachhaltigkeit, Gefährdete Tiere und Pflanzen

HINTERWEIDENTHAL. Das jetzt vom Landesbetrieb Mobilität (LBM) vorangetriebene Raumordnungsverfahren östlich von Hinterweidenthal ist aus Sicht des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Rheinland-Pfalz ein weiterer schlimmer Anschlag auf Natur und Landschaft des deutsch-französischen UNESCO-Biosphärenreservats. Im Zuge des vierstreifigen Ausbaus der B10 (RQ 26) zwischen Pirmasens und Landau wurden kürzlich neue Planungen vorgelegt. Statt Konsens mit der Bevölkerung anzustreben, setzen die Planer Umweltverbände und Träger öffentlicher Belange unter unzumutbaren Zeitdruck. Wohl beabsichtigte Folge dieses Drucks: Vorgaben der UNESCO sowie des nationalen und europäischen Rechtes drohen hierbei, völlig außen vor zu bleiben.

Im Einzelnen konzentriert sich die Kritik des BUND auf folgende Punkte:

  • Der LBM hatte zweieinhalb Jahre Zeit zu Voruntersuchungen für die am 28. November 2017 vorgestellten drei Varianten einer Streckenführung auf dem Abschnitt Hinterweidenthal – Hauenstein. Zur Stellungnahme jedoch wurde den ehrenamtlich arbeitenden  Verbänden gerade mal die Adventszeit eingeräumt. Denn bereits noch im Januar soll eine Entscheidung zu den vorgestellten drei Varianten getroffen werden.
  • Der LBM verweigert jegliche Mitteilung einer Detailplanung. Da  bekanntlich der Teufel im Detail steckt, würde wohl jedes Detail lästig sein beim Durchpeitschen des Verfahrens.
  • Die deutlich kostengünstigste Variante 3 würde sich durch Verschiebung in ein parallel verlaufendes Waldtal im Süden völlig vom bisherigen Verlauf der alten B 10-Trasse entfernen. Das wäre ein erhebliches Stück Neutrassierung, die vom für die deutschen Biosphärenreservate zuständigen MAB- Nationalkomitee abgelehnt wird. Alle drei Varianten bringen wegen des enormen Raumwiderstandes des Mittelgebirges enorme Zerstörungen für Natur und Landschaft; so etwa eine Bachverlegung auf fast einen Kilometer Länge; Quellbiotope, geschützte Fledermausarten werden bedroht oder vernichtet. All dies steht im Widerspruch zu den Erhaltungs- und Wiederherstellungszielen, die für Biosphärenreservate gelten.
  • Der B 10-Abschnitt östlich Hinterweidenthal  ist Teil des jüngst verabschiedeten Bundesverkehrswegeplans 2030, zu dessen Erarbeitung im Rahmen europäischen und deutschen Rechts  eine frühzeitige Bürgerbeteiligung zur Benennung umwelt- und naturverträglicher Alternativen gehörte. Von Bürgern und Verbänden eingereichte Alternativvorschläge wurden bislang keiner eingehenden Beantwortung gewürdigt.
  • Seit dem 29. November -  einem Tag nach der Vorstellung der drei Varianten für die 6,5 Kilometer umfassende Teilstrecke Hinterweidenthal – Hauenstein  - gilt eine Änderung des Raumordnungsgesetzes, wonach eine obligatorische Öffentliche Beteiligung Vorschrift ist. Dies soll wohl umgangen werden.
  • Das Teilstück Hinterweidenthal – Hauenstein hat keine erschließende Wirkung. Es führt durch den wenig besiedelten Pfälzerwald. Es hat wie die Gesamtstrecke ein lächerlich niedriges Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,4.
  • Eine weiträumige Betrachtung zeigt, dass die Durchsetzung einer vierstreifigen, autobahngleichen Trasse durch das Biosphärenreservat Pfälzerwald auch eine  krasse Fehlinvestition ist. Die Summe von mindestens 1 Milliarde Euro ergibt sich aus einer Meldung der „Pirmasenser Rundschau“ vom 16. Januar 2016. An Planungsabschnitten zwischen Hinterweidenthal und dem Tunnel bei Rinnthal lässt sich diese Bereitschaft zur Steuermittel- und Ressourcenverschwendung besonders deutlich machen:
  •  Pendlerstatistik und Verkehrszählungen zeigen, dass der Pendlerverkehr auf der B 10 weit überwiegend zwischen Hinterweidenthal und Pirmasens sowie wischen Annweiler und Landau stattfindet. Dazwischen, wo jetzt für zusammen sicher alleine 200 Mio. Euro Durchgängigkeit im Autobahnmodus durchgepeitscht werden soll, dominiert überregionaler Verkehr. Davon aber sind „53 Prozent aller Tagesfahrten Güterverkehr im Fernbereich“, wie das Büro Modus Consult festgestellt hat. Für diese Verkehrsart jedoch ist die B 10 überhaupt nicht vorgesehen. Verkehrsminister Wissing jedoch will  -  wie er dem BUND mitgeteilt hat  -  diesen für den Pfälzerwald und die Bürger des Queichtales schädlichen Verkehr von den Nordseehäfen und Benelux  nach Süddeutschland über die B 10 leiten. Alleine dazu sollen die Millionen auf den recht ruhigen Mittelabschnitten verschleudert werden.
  • Die Politik lässt daher die mehrfach vorgeschlagenen Alternativen aus Verbänden und Gebietskörperschaften einfach unberücksichtigt. U. a. lauten diese Vorschläge:

  1. Umleitung des europäischen Schwerverkehrs im Transit (nicht Ziel- und Quellverkehr) über die von der Europäischen Union vorgegebenen TEN (Trans European Networks)-Achsen, nämlich über die A 6 oder die französische A 4, gemäß EU-Verordnung Nr. 1315 / 2015. Eine solche Umleitung ist rechtssicher möglich.
  2. Umsetzung des vom VRN festgestellten „Handlungsbedarfs“ im „Rhein-Neckar-Takt 2020“,mit  einer durchgehenden Regional-Expressverbindung Saarbrücken – Pirmasens – Landau – Karlsruhe. Im Übrigen schlägt der VRN vor, die vorhandene Strecke der „Wieslauterbahn“ für einen umsteigefreien Berufsverkehr zwischen Dahn und Landau zu nutzen wie auch für die Verlagerung von Holztransporten auf die Schiene.

Die Beachtung dieser Alternativen wäre eine merkliche Entlastung für Mensch, Natur und Staatsfinanzen.

Für Rückfragen:

Dr. Holger Schindler, 06306 701505
Ulrich Mohr, 06347-6630

 

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