Sevenich/Mayen-Koblenz. Auf Anregung des Umweltministeriums Rheinland-Pfalz und des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Rheinland-Pfalz fand am 9. August eine Ortsbegehung mit Besprechung statt. Anlass war das geplante Bauprojekt „Wohnen mit Pferden“ inmitten der Sevenicher Auenlandschaft. Zugegen waren der Präsident der Oberen Naturschutzbehörde Wolfgang Treis mit Mitarbeiter*innen aus Naturschutz und Wasserwirtschaft, die Abteilungsleiterin für Umwelt und Bauen der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz Frau Dagmar Menges, die BUND-Landesvorsitzende Sabine Yacoub, Vorstandsmitglieder des BUND Mayen-Koblenz und die NABU-Vorstände der Gruppen Koblenz und Osteifel.
BUND-Pressesprecher Gavin Grosvenor erklärte während des Ortstermins, dass man anhand der digitalen Daten vom rheinland-pfälzischen Umweltministerium berechnen kann, wie groß das Oberflächenwasser-Einzugsbiet für Sevenich ist (https://wasserportal.rlp-umwelt.de/servlet/is/8464/): „Die digitale Karte des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität zeigt, dass sich Oberflächenwasser auf mehr als fünf km² sammelt. Die neueste Starkregenkarte des Landesamts für Umwelt zeigt zudem die höchste Starkregengefahrenstufe für Sevenich.“ (Siehe: https://geoportal-wasser.rlp-umwelt.de/servlet/is/10081/).
Dipl.-Ing. Grosvenor erläuterte den Anwesenden mit einem einfachen Rechenbeispiel, wie viel Wasser bei Regenereignissen in die Sevenicher Auenwiesen fließen kann: „Geht man nur von der Hälfte der Ahrtal-Regenmenge, die damals mindestens 150 l/m² betrug, aus, so sammeln sich im Wassereinzugsgebiet oberhalb von Sevenich mehr als 375 Millionen Liter Wasser.“ Diese Berechnung wurde auch vom BUND-Gewässerexperten Dr. Holger Schindler bestätigt. Grosvenor ergänzte: „Wenn eine Dürrephase herrscht, wie es aktuell der Fall ist, dann ist der Boden nicht in der Lage, das Wasser aufzunehmen. Stattdessen fließt dort das Bachwasser von drei Bächen und das Oberflächenwasser aus drei Himmelsrichtungen zusammen. Es sammelt sich in der Folge am tiefsten Punkt in den Sevenicher Auenwiesen auf dem Flurstück mit dem bezeichnenden Namen ‚Unter den Höfen‘. Sollte hier tatsächlich das hochumstrittene Baugebiet entstehen, so würde nicht nur die artenreiche Fauna einen wichtigen Lebensraum verlieren. Durch die Versiegelung der Fläche könnte es für den bisherigen Siedlungsbereich und die bachabwärts folgenden Ortschaften zu verheerenden Folgen kommen. Am stärksten gefährdet wären aber die Familien, die am tiefsten Punkt in die Überschwemmungsfläche hinein gebaut hätten. Der Erhalt der Retentionsfläche sollte somit das oberste Ziel für Mensch und Natur sein.“ Gewässerexperte Dr. Schindler kommentierte zu Sevenich: „Gerade im Bezug zum Klimawandel ist es besonders wichtig, feuchte Naturlebensräume zu schützen, um die Feuchtigkeit im Naturkreislauf der lokalen Landschaft zu erhalten.“
Neben dem genannten Bauprojekt war auch der Schutz der Sevenicher Auenlandschaft vor anderen Eingriffen mit negativen Folgen für die Natur Thema. Die Teilnehmer*innen waren sich einig, dass die Sevenicher Aue ein großes Potential für die Natur vorhält und dass der Schutz der Aue zu wichtigen Synergieeffekten für Mensch und Natur führt. Denn Naturschutz, Hochwasserschutz und Bevölkerungsschutz ergänzen sich hier. Aus diesem Grund hatte die Justiziarin des BUND-Landesverbands, Annette Lehnigk-Emden, bei der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz bereits im Vorfeld die Ausweisung als festgesetztes Überschwemmungsgebiet beantragt. Die amtliche Festsetzung von Überschwemmungsgebieten dient der schadlosen Abführung von Hochwasser und sichert die dafür erforderlichen Flächen für den Hochwasserabfluss sowie Retentions- oder Rückhalteräume. Neue Baugebiete sind dort grundsätzlich verboten. Der Antrag ist derzeit noch in Bearbeitung.
Bei dem Treffen wurde deutlich, dass das Heft des Handelns nun bei der Kreisverwaltung und der Stadt Münstermaifeld liegt. „Dank der kommunalen Planungshoheit muss die Stadt entscheiden, ob das Bauvorhaben ‚Wohnen mit Pferden‘ in der wertvollen Aue kommt oder nicht. Die Bürgermeisterin und die Stadträte tragen hier eine hohe Verantwortung. Sie entscheiden, ob mit Natur- und Hochwasserschutz das Gemeinwohl Vorrang bekommt vor dem Einzelinteresse eines Grundstücksbesitzers, der seine Wiese zu Geld machen will“, sagte BUND-Landesvorsitzende Sabine Yacoub.
Gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Sevenicher Auenschutz“ setzt sich der BUND für den Schutz der Sevenicher Auen ein. Eine entsprechende Petition haben bereits über 1400 Menschen unterzeichnet und es wurden mehr als 500 Kommentare geschrieben: www.openpetition.de/petition/kommentare/savesevenich-rettet-das-sevenicher-auenland-biotop
Für Rückfragen
Sabine Yacoub, Landesvorsitzende: 0174 9971892, sabine.yacoub(at)bund-rlp.de
Gavin Grosvenor, Pressesprecher: 02605 8495697, gavin.grosvenor(at)bund-rlp.de