Wölfe in Rheinland-Pfalz: Rückkehr eines Beutegreifers

Nachdem der Wolf vor über 100 Jahren auch in Rheinland-Pfalz vom Menschen ausgerottet worden war, kehrt er dank strengen Schutzes seit 2012 in seine und unsere Heimat zurück. In den Mittelgebirgen Westerwald, Eifel und Hunsrück haben sich Wolfsrudel erfolgreich wiederangesiedelt.

Fotos: Sebastian Koerner

Leben mit dem Wolf

Schon bevor sich der erste Wolf angesiedelt hatte, hatte das Land Rheinland-Pfalz sich frühzeitig und intensiv mit dem Thema Wolf befasst. Der erste Wolfsmanagementplan wurde 2015 vom Land veröffentlicht. Er stellt wertvolle Hintergrundinformationen zum Wolf bereit und regelt Prävention und Entschädigung für betroffene Nutztierhalter*innen.

  • Wolfsfreie Zonen, feste Obergrenzen oder willkürliche Quoten für Abschüsse lösen keine Probleme.
  • Die Entnahme von Wölfen ersetzt nicht die Notwendigkeit für flächendeckende Herdenschutzmaßnahmen.
  • Für die Zahl der Nutztierrisse ist nicht die Zahl der Wölfe, sondern die Qualität des Herdenschutzes entscheidend.
  • Seit 2021 ist das Koordinationszentrum Luchs und Wolf (KLUWO) die zentrale Anlaufstelle für Fragen zu Luchs und Wolf in Rheinland-Pfalz

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Wölfe und Menschen

Der BUND setzt sich für den Schutz und die Akzeptanz des Wolfes im Dialog mit allen Interessensgruppen ein. Es braucht eine breite Aufklärung und bundesweite Fördermittel für wirksamen Herdenschutz bei Weidetierhaltung. Die Tötung auffällig gewordener Wölfe ist immer eine Einzelfallentscheidung und ersetzt nicht die Notwendigkeit für flächendeckende Herdenschutzmaßnahmen. Für die Zahl der Nutztierrisse ist nicht die Zahl der Wölfe, sondern die Qualität des Herdenschutzes entscheidend.

Wölfe sind für ein gut funktionierendes Ökosystem nützlich. Sie nehmen die Aufgabe einer „Gesundheitspolizei“ in der Natur wahr, da sie verendete Tiere (als leichte Beute) fressen. Außerdem sind sie ein wichtiger Teil des empfindlichen Gleichgewichts des Ökosystems Wald. Der BUND setzt sich für den Schutz und die Akzeptanz des bei uns heimischen Wolfes in seinem natürlichen Lebensraum und für ein Wolfsmanagement im Interesse aller Beteiligten sowie im Interesse des Arten- und Naturschutzes ein.

Wölfe sind äußerst anpassungsfähig und keineswegs auf unberührte Wildnis angewiesen; sie kommen in unserer Kulturlandschaft gut zurecht. Als typische Langstreckenwanderer können sie in kurzer Zeit weite Strecken zurücklegen. So ist davon auszugehen, dass sich auch in den kommenden Jahren weitere Rudel in geeigneten Lebensräumen in Deutschland ansiedeln. Der Schutz von Nutztieren vor Wolfsübergriffen ist dabei von zentraler Bedeutung, da hiermit die Akzeptanz des Wolfes in Deutschland steht und fällt.

Die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland und der Erhalt von artenreichen, extensiv bewirtschafteten Grünland-Biotopen sind zwei Seiten derselben Medaille. Die extensive Weidetierhaltung ist unersetzbar als tiergerechteste sowie ökologisch nachhaltigste Form der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Altes, artenreiches Dauergrünland (Weiden, Wiesen) ist bundesweit auf dem Rückzug und im Hinblick auf die Artenvielfalt unbedingt schützenswert, aber die Leistungen von Schafen, Ziegen, Rindern und Pferden in der Landschaftspflege sind in ihrer einzigartigen Wirkung durch maschinelle Pflege nicht zu ersetzen.

 

Qualität des Herdenschutzes ist entscheidend

Im Alter von etwa 22 Monaten verlassen junge Wölfe ihr Elternrudel, um sich ein eigenes Revier zu suchen. In dieser Wanderphase, die sie oft über hunderte von Kilometern quer durch Europa führt, lernen sie fürs Leben. Die Erfahrung, wie einfach ein Schaf in einer ungeschützten Koppel zu erlegen ist, prägt sich ein Leben lang ein. Ebenso prägend ist aber auch die schmerzhafte Erfahrung mit einem Stromschlag am Herdenschutzzaun. Wölfe mit dieser Erfahrung halten sich erfahrungsgemäß ihr Leben lang von Nutztieren fern.

Für die Zahl der Nutztierrisse ist deshalb nicht die Zahl der Wölfe, sondern die Qualität des Herdenschutzes entscheidend. Viel zu oft treffen durchziehende Wölfe in Rheinland-Pfalz noch auf ungeschützte Weidetiere. Nutztierrisse lassen sich aber nur vermeiden, wenn der Herdenschutz auch präventiv flächendeckend stattfindet.

Mit dem Aufbau von Herdenschutz in potenziellen Wolfsgebieten muss daher unbedingt bereits vor der Ansiedlung des ersten Wolfes begonnen, und Gebiete mit nachgewiesener Wolfspräsenz müssen zügig im Sinne der entsprechenden Förderrichtlinien als solche ausgewiesen werden.
Fördermittel für wolfssichere Zäune, Unterhaltskosten für Herdenschutzhunde und weitere Präventionsmaßnahmen können Nutztierhaltende beim Koordinationszentrum Luchs und Wolf (KLUWO) in Trippstadt beantragen. Der BUND fordert, dass die Mehrkosten des Herdenschutzes den Weidetierhalter*innen vollständig ersetzt wird.

 

Krise der Weidetierhaltenden

Der Wolf ist nicht für die grundlegende Krise der erwerblichen Weidetierhaltung verantwortlich. Schuld daran sind untragbare wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen. Seit Jahren wird die Situation der Betriebe immer dramatischer, etwa in der Rinderhaltung – besonders aber in der Schaf- und Ziegenhaltung. Dabei verhält sich die Mehrheit der Wölfe unauffällig.

 

Die Jagd löst das Problem nicht

Bereits heute ist es rechtlich möglich, auffällige Wölfe abzuschießen. Die Entnahme von Wölfen ist nach geltendem Recht immer eine Einzelfallentscheidung und ersetzt nicht die Notwendigkeit für flächendeckende Herdenschutzmaßnahmen. Sofern ein Wolf wiederholt ordnungsgemäß ausgeführte Herdenschutzmaßnahmen überwindet und Nutztiere angreift, kann die jeweils zuständige Landesbehörde nach der rechtlich notwendigen Prüfung des Einzelfalls eine Ausnahmegenehmigung für seine Tötung erteilen. Der zu entnehmende Wolf muss eindeutig identifiziert sein oder während des Angriffs auf die geschützten Weidetiere gestellt werden. Entnahmen sollten von behördlich bestellten Fachpersonen ausgeführt werden.

Konzepte wie wolfsfreie Zonen, feste Obergrenzen der Population oder willkürliche Quoten für Abschüsse lösen keine Probleme und sind abzulehnen. Sie stellen nicht sicher, dass genau der Wolf getötet wird, der tatsächlich Tiere reißt.

Wölfe sind territorial. Sie vertreiben in der Regel fremde, nicht zum Rudel gehörende Wölfe aus ihrem Territorium. Wölfe, die keine Nutztiere reißen, stellen damit einen wirksamen Schutz gegen Nutztierrisse dar.

Ungezielte Abschüsse im Rahmen einer Jagdzeit können sogar das Risiko für Angriffe erhöhen, indem sie stabile Rudelstrukturen zerstören oder Raum für die Einwanderung fremder Wölfe öffnen, die beispielsweise noch keinen Respekt vor stromführenden Zäunen haben. Der Konflikt würde dann lokal sogar erst entstehen.

 

Wolfsmanagement in Rheinland-Pfalz

Risse von Nutztieren durch Wölfe sind für Tierhalter nicht nur ein finanzieller sondern auch ein großer persönlicher Verlust. Der BUND hat Verständnis für die Belange der Betroffenen und sich intensiv - gemeinsam mit weiteren Verbänden, wie zum Beispiel dem Landesjagdverband und dem Verband der Ziegen- und Schafhalter - in die Erstellung eines Wolfsmanagementplans durch das Land Rheinland-Pfalz eingebracht.

Der Wolfsmanagementplan sieht vor, dass Nutztierhalter bei Wolfsrissen entschädigt und Präventionsmaßnahmen vom Land unterstützt werden. Er enthält Details zu Handlungsabläufen, Ansprechpartnern und Entschädigungen im Fall einer Sichtung oder eines Risses sowie Hintergrundinformationen zur geschützten Art Wolf. Das Koordinationszentrum Luchs und Wolf (KLUWO) bietet eine Anlaufstelle bei Fragen rund um den Wolf. Neben Monitoring von Wolf und Luchs bietet das Koordinationszentrum Beratung zu präventiven Maßnahmen und Nutztierübergriffen an. Auch Förderungen von Präventionsmaßnahmen und Ausgleichszahlungen bei Nutztierrissen können beantragt werden. Bei weiteren Fragen kann das KLUWO unter kluwo(at)wald-rlp.de erreicht werden. Bei Hinweisen, Spuren oder Kontakt mit Wölfen stehen darüber hinaus ehrenamtliche sogenannte Großkarnivorenbeauftragte sowie eine Hotline des Landes unter der Telefonnummer 06306 – 911199 zur Verfügung.

Das Land hält finanzielle Unterstützung für Nutztierhalter zum Bau wolfssicherer Zäune bereit. Die Anwesenheit von Herdenschutzhunden bei einer Schafherde macht diese als Beute meist uninteressant. Größere Haustiere wie Pferde oder Rinder gehören in der Regel nicht zur Beute. Der Bundesverband der Berufsschäfer bietet hier sehr nützliche Informationen zum Thema und einen Film zum Zaunbau.

 

Gefahr für Menschen?

Als Wanderer im Wald auf Wölfe zu treffen ist außerordentlich selten. Seit Jahrhunderten ist der Wolf dem Menschen gegenüber sehr scheu und geht ihm lieber aus dem Weg. Angriffe von Wölfen sind in unseren Breiten nicht bekannt. Falls Sie doch je einen freilebenden Wolf sehen sollten, achten Sie jedoch darauf, respektvollen Abstand zu dem Tier zu halten. Falls Sie einen Hund dabei haben, halten Sie die Leine kurz. Rennen Sie nicht weg, sondern entfernen Sie sich langsam und machen Sie sich bemerkbar, falls Ihnen der Wolf zu nahe erscheint. Laufen Sie Wölfen nicht nach und füttern sie sie nicht.

 

Hilfe zur Selbsthilfe beim Herdenschutz

„Hilfe zur Selbsthilfe“ bietet die Plattform WikiWolves, die Freiwilligeneinsätze im Herdenschutz koordiniert. Nutztierhaltende können hier neben einer Beratung auch aktive Unterstützung erhalten. Regelmäßig werden Einsätze mit Freiwilligen organisiert, die stunden- oder tageweise unter Anleitung z.B. Zäune bauen oder ertüchtigen. In der Regel sind keine Vorkenntnisse erforderlich. Solche Hilfestellungen tragen langfristig dazu bei, dass wir konfliktärmer mit Wölfen zusammenleben können.

Wer helfen möchte, kann sich bei Gisa Wickenhäuser, Ansprechpartnerin von WikiWolves für Rheinland-Pfalz, auf den Freiwilligenverteiler setzen lassen.

 

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