BUND Landesverband
Rheinland-Pfalz

Nachmeldung von Vogelschutzgebieten weist große Defizite aus

27. Juni 2007 | Lebensräume, Gefährdete Tiere und Pflanzen

Land hält sich nicht an die Vorgaben der EU-Komission

  • Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz (GNOR)
  • Naturschutzbund (NABU) Landesverband Rheinland-Pfalz
  • Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Rheinland-Pfalz  

Mainz. Die Naturschutzverbände Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz (GNOR), Naturschutzbund (NABU) und Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßen ausdrücklich die geplanten Nachmeldungen von Vogelschutzgebieten in Rheinland-Pfalz. Die drei Verbände weisen in ihrer gemeinsamen Stellungnahme an das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (LUWG) aber auch auf große Defizite hin. Die von der EU-Kommission gerügten Defizite werden durch die Nachmeldekulisse nicht behoben. Jetzt drohen hohe Geldstrafen bei einer Klageerhebung durch die EU.

„Besonders deutlich werden die Mängel bei der fehlenden Berücksichtigung der wichtigsten Brutgebiete des Rotmilans“, sagt Bianca Goll, Artenschutzreferentin im Vorstand der GNOR. „Der Westliche Hintertaunus und das Gebiet um Altenkirchen sind bundes- und landesweit von herausragender Bedeutung für das Überleben des Rotmilans. Die Gebiete sind als Vogelschutzgebiete unverzichtbar.“ In der Pfalz wiegt die fehlende Berücksichtigung der wichtigsten Brutgebiete der Wiesenweihe und der bundesweit vom Aussterben bedrohten Kornweihe sowie des Steinschmätzers besonders schwer. Das Nordpfälzer-Bergland und das Ober-Hilbersheimer-Plateau sind für die Weihen unverzichtbar. Das Zellertal und der gesamte Haardtrand bis Bad Bergzabern gehören zu den wichtigsten Gebieten für die Erhaltung des Steinschmätzers.

Siegfried Schuch, Vorsitzender des NABU Rheinland-Pfalz ergänzt: „Die Kulisse wirkt in vielen Fällen künstlich und zerrissen. Trotz bekannter Vorkommen von Arten fehlen wesentliche Gebiete oder Korridore. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier wirtschaftlichen Interessen Rechnung getragen wurde. Dies ist unzulässig und führt letztlich durch fortbestehende Planungsunsicherheit zum Schaden des Landes und der Landnutzer.“ Die EU drängt darauf, dass zumindest die fünf größten Teilpopulationen der betreffenden Vogelarten in das Schutzgebietskonzept aufgenommen werden. Doch bei den hochgradig gefährdeten Vogelarten Schwarzstorch, Rotmilan, Uhu, Rauhfußkauz, Eisvogel, Heidelerche, Neuntöter, Haselhuhn, Steinschmätzer, Wanderfalke, Wiesenweihe und Braunkehlchen ist dies leider nicht der Fall. Schneifel, Ourtal, Zellertal, Nordpfälzer Bergland, Hintertaunus, Nordwestlicher Westerwald und Ober-Hilbersheimer Plateau hätten zusätzlich aufgenommen werden müssen.

„Neben der Klimaveränderung ist der weltweite Artenverlust die größte globale umweltpolitische Herausforderung“, erklärt Dr. Bernhard Braun, Vorsitzender des BUND Rheinland-Pfalz. „Die Bundesregierung will bis 2010 eine Trendwende erreichen. Doch dies ist auch in Rheinland-Pfalz nur mit wirkungsvollem Handeln und der konsequenten Meldung der bedeutenden Lebensräume für die betroffenen Vogelarten zu erreichen.“

Den rheinland-pfälzischen Naturschutzverbänden BUND, GNOR und NABU ist vollkommen unverständlich, warum sich die Landesregierung abermals nicht an die Auflagen der EU gehalten hat. Dabei existieren in Rheinland-Pfalz durch eine noch recht kleinstrukturierte Landwirtschaft und in vielen Gebieten noch extensive Nutzung ideale Bedingungen für die Erhaltung der betreffenden Vogelarten. Durch die Umlenkung von EU-Fördermitteln in diese Regionen kann den dort wirtschaftenden Landwirten die Existenzgrundlage gesichert und naturverträglicher Tourismus gefördert werden.

Die Verbände fordern das Land Rheinland-Pfalz auf, die von der EU-Kommission in der begründeten Stellungnahme genannten Defizite zu beheben und die fachlich erforderliche Gebietskulisse für die genannten Vogelarten in vollem Umfange zu melden. Ansonsten besteht weiterhin keine Planungssicherheit für die als geeignete Vogelschutzgebiete identifizierten Regionen (faktische Vogelschutzgebiete; vgl. Urteil EuGH zum Hochmoselübergang – B50), was der Entwicklung des Landes Rheinland-Pfalz abträglich ist. Bleibt das Land bei der unzureichenden Gebietsmeldung, rechnen die Verbände außerdem fest mit einer umgehenden Klageerhebung der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die Landesregierung sollte diese letzte Chance nutzen, die drohenden hohen Geldstrafen durch eine fachlich fundierte Gebietsmeldung abzuwehren.

Hintergrund

Die Europäische Vogelschutzrichtlinie wurde bereits 1979 zur Erhaltung wildlebender Vogelarten in Europa erlassen. Die Mitgliedstaaten sollen für die in der Richtlinie genannten Vogelarten die geeignetsten Vermehrungs-, Rast- und Überwinterungsgebiete zu Vogelschutzgebieten erklären. Diese werden Teil des europaweiten Schutzgebietsnetzes NATURA2000.

27 Jahre später im April 2006 mahnte Brüssel in einer begründeten Stellungnahme wieder an, dass etliche Bundesländer, darunter auch Rheinland-Pfalz, diese Richtlinie immer noch nicht fachgerecht umgesetzt haben und weist auf Defizite hin.

Vogelschutz, Landbewirtschaftung und Entwicklung von Gemeinden müssen sich dabei gar nicht ausschließen, wie viele Landnutzer und Politiker befürchten. Wichtig ist die Dialogbereitschaft auf allen Seiten sowie eine großzügige Abgrenzung der Vogelschutzgebiete. So können bei geplanten baulichen Eingriffen oder Änderungen der Landnutzung tragfähige Lösungen für Mensch und Vögel gefunden werden. Die EU fokusiert zudem die Gelder für die Agrarumweltprogramme sowie weitere EU-Fördermittel zunehmend auf die Regionen des europäischen Schutzgebietsnetzes NATURA2000. In der Ausweisung von Vogelschutzgebieten liegen somit Chancen für die landwirtschaftliche und touristische Entwicklung der Regionen von Rheinland-Pfalz.


weitere Informationen:
Siegfried Schuch (NABU-Landesvorsitzender) Tel.: 06131 / 1403920
Bianca Goll (GNOR-Artenschutzreferentin) Tel.: 06131 / 671480
Dr. Erwin Manz (BUND-Landesgeschäftsführer) Tel.: 06131 / 62706-0 

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