Stillstand am Rhein - Naturnaher Hochwasserrückhalt kommt nicht voran

09. Juli 2012 | BUND, Flüsse & Gewässer, Lebensräume, Naturschutz

Um bis zu 70 Zentimeter sollte der Hochwasserstand in Köln durch Hochwasserrückhaltemaßnahmen im Oberlauf des Rheins reduziert werden. Mit dieser Prämisse waren die Mitgliedsstaaten der Internationalen Rheinschutzkommission (IKSR) im Jahr 1998 angetreten, um Städte und Dörfer am Mittel- und Niederrhein vor dem Untergang zu bewahren.

Die rheinanliegenden BUND-Landesverbände, regioWASSER e.V. und Ak Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) erklären zur Plenarsitzung der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) am 9. Juli 2012 in Strasbourg:

Stillstand am Rhein – Naturnaher Hochwasserrückhalt am Rhein kommt nicht voran - und auch Lachs & Co. bleiben auf der Strecke

Straßburg, Mainz. Um bis zu 70 Zentimeter sollte der Hochwasserstand in Köln durch Hochwasserrückhaltemaßnahmen im Oberlauf des Rheins reduziert werden. Mit dieser Prämisse waren die Mitgliedsstaaten der Internationalen Rheinschutzkommission (IKSR) im Jahr 1998 angetreten, um Städte und Dörfer am Mittel- und Niederrhein vor dem Untergang zu bewahren. Durch Hochwasserschutzmaßnahmen, wie die von den Naturschutzverbänden favorisierte Wiederherstellung von Rheinauen, wollten die IKSR-Mitgliedsstaaten die Deichbruch- und Überschwemmungsgefahr vom Oberrhein bis hinunter in die Niederlande deutlich reduzieren.

Jetzt im Jahr 2012 steht die Erfolgskontrolle für die Periode 2006 bis 2011 an – und die IKSR-Mitgliedsstaaten stehen mit leeren Händen da: Dem 70-Zentimeter-Ziel zur Hochwasser-Reduktion bei Köln ist man im Berichtszeitraum weniger als 5 Zentimeter nahe gekommen – das entspricht nicht ein Mal der Dicke einer Kölner Gehwegplatte.

„Seit dem Jahr 2000 konnten ausschließlich einige technische Hochwasserrückhaltepolder in Betrieb genommen werden –beim natürlichen Hochwasserschutz via Revitalisierung der Rheinauen müssen die Rheinanliegerstaaten völlige Fehlanzeige melden“, kritisiert der Binnengewässerkundler Nikolaus Geiler vom BBU.

In Rheinland-Pfalz wurden bisher fast ausschließlich Polder, wie in Bodenheim / Laubenheim gebaut bzw. befinden sich derzeit in Planung. Die rheinland-pfälzische BUND-Geschäftsführerin Sabine Yacoub sieht darin eine riesige verpasste Chance, Hochwasserschutz und Naturschutz unter einen Hut zu bekommen: „Der ehemalige Überflutungsraum in der Hördter Rheinaue oder der Altrheinarm bei Guntersblum wären geeignete Bereiche, wo großflächig durch Deichrückverlegungen naturnahe Auenlandschaften hergestellt werden könnten. Diese Chance für die Menschen und die Natur darf nicht verpasst werden.“

Deshalb appellieren die Umwelt- und Naturschutzverbände im Rheineinzugsgebiet an die Mitgliedsstaaten der Internationale Rheinschutzkommission: Anstatt Köln unter Wasser zu setzen, muss das Hochwasser wieder in die Auen gelenkt werden. Die Auen sind in Mitteleuropa der artenreichste Lebensraum. Darum sind alle noch verbliebenen Möglichkeiten für Deichrückverlegungen zu nutzen. „Dann freuen sich die Kölner über trockene Keller – während sich Biber und Fischotter über die wechselfeuchten Lebensbedingungen in der revitalisierten Rheinaue freuen“, so Paul Kroefges, Landesvorsitzender des BUND in Nordrhein-Westfalen.

 Der Lachs will wieder nach Basel

Vereinzelt haben es in der letzten Zeit aufstiegswillige Lachse bis nach Basel und sogar bis nach Rheinfelden am Hochrhein geschafft. Dies zeigt den unbändigen Willen der Lachse, bis in ihre ehemaligen Laichgewässer aufzusteigen. Der Weg bis Basel wird dem „König“ der Rheinfische allerdings schwergemacht. Denn der Bau von Fischpässen an den großen Staustufen am Oberrhein stagniert. Von den zehn Rheinstaustufen am Oberrhein sind erst zwei Barrieren durchgängig gemacht worden, an zwei weiteren Staustufen sind Fischpässe in Bau oder in der Planung.

Der Lachs und andere „Langdistanzwanderfische“ (beispielsweise Meerforelle, Maifisch und Meerneunauge) haben aber erst dann wieder eine Chance, in großer Stückzahl bis nach Basel aufzusteigen, wenn der Weg auch an den anderen sechs Staufstufen freigemacht worden ist. Nach der EG-Wasserrahmenrichtlinie müsste dies bis 2015 erfolgen. Spätestens anlässlich der Rheinministerkonferenz im Oktober 2013 in Basel muss für die Fertigstellung der Fischpässe an den noch nicht durchwanderbaren Staustufen jeweils ein festes Datum vereinbart werden.

Auf dem Anforderungskatalog der Natur- und Umweltschutzverbände mit Beobachterstatus am Rhein stehen auch die Themen

·    der nach wie vor zu hohen Abwärmebelastung des Rheins,

·    die Einleitung von schwer abbaubaren Mikroverunreinigungen (hormonähnliche Stoffe, Pharmawirkstoffe, Industriechemikalien) über die Kläranlagen im Rheineinzugsgebiet sowie

·    der immer noch nicht realisierte Biotopverbund entlang des Rheins, den die Rheinschutzkommission schon 2006 gefordert hat.

 

Unterlagen zum erforderlichen Hochwasserrückhalt am Rhein aus Sicht der Umweltverbände finden Sie hier.

Weitere Auskunft zur Positionierung der Umwelt-NGOs im Rheineinzugsgebiet:

·    Sabine Yacoub, Geschäftsführerin des BUND-Landesverbandes RLP, Tel.: 06131-62706-0 oder 0174-9971892

·    Paul Kröfges, Vorsitzender des BUND-Landesverbandes NRW, Tel.: 02292681642; mobil: 0173 2794489; E-Mail: paul.kroefges(at)bund.net

·    Nikolaus Geiler, Ak Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU), Tel.: 0761/275 693, 0761/4568 7134, E-Mail: nik(at)akwasser.de 

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