Nach Bundesrecht sind Ausnahmen u. a. zulässig, „zur Abwendung erheblicher landwirtschaftlicher, forstwirtschaftlicher oder sonstiger wirtschaftlicher Schäden“. Der Erlass des Landes legt fest, dass immer von einem solchen erheblichen Schaden auszugehen ist, wenn mehr als 30 Prozent (Ackerbau) bzw. mehr als 20 Prozent (Obst-, Wein-, Gemüsebau und sonst. Sonderkulturen) der von einem Antragsteller oder einer Antragstellerin bewirtschafteten Fläche eines Betriebes in einem oder mehreren Naturschutzgebieten liegen. Eine individuelle Prüfung mit Nachweis des Schadens ist nicht vorgesehen. Der BUND kritisiert diese Regelung als fachlich nicht haltbar und rechtlich unzulässig. In seiner Rechtsauffassung stütz er sich auf ein Rechtsgutachten, das im Auftrag der Aurelia-Stiftung erstellt wurde (siehe: www.aurelia-stiftung.de/wp-content/uploads/2022/03/567086-Gutachten-Aurelia-Stiftung-Ausnahmen-vom-PSM-Anwendungsverbot-in-Schutzgebieten.pdf).
„Ich kann nachvollziehen, dass es vereinzelt eine gewisse Übergangsregelung braucht, damit die Betroffenen Bäuerinnen und Bauern sich an die Situation anpassen können“, meint Yacoub. „Das muss sich aber in engen räumlichen und zeitlichen Grenzen halten und immer individuell geprüft werden.“
Der Verband kritisiert weiterhin, dass es auch Ausnahmegenehmigungen für Grünlandflächen in Naturschutz- und FFH-Gebieten geben soll. Für den Umgang mit „problematischer Verunkrautung“ (z.B. mit Jakobskreuzkraut) gebe es ausreichend giftfreie Lösungen.
Auch der Umgang mit dem Obstbau in Naturschutzgebieten findet beim BUND wenig Verständnis. Zur Aussage im Erlass, dass Obstbau ohne Insektizide nicht möglich sei, heißt es in seinem Schreiben: „Diese Aussage ist – so pauschal – schlicht falsch.“ Im Weiteren fordert der Verband das Land auf, bei der Entwicklung und Umsetzung von Alternativen zum Pestizideinsatz aktiv zu unterstützen. Dies könnten beispielsweise der Anbau besonders gut angepasster Sorten, eine stärkere Mischung verschiedener Kulturen und Sorten sowie der verstärkte Einsatz von Nützlingen sein. Auch an alternativen Vermarktungswegen müsse gearbeitet werden. „Wir erwarten vom Land, dass es aktiv nach solchen Lösungen sucht, die bei Einhaltung des Verbots bienen- und insektengefährdender Pestizide den Bäuerinnen und Bauern gleichzeitig ein ausreichendes Einkommen sichern. Dies könnte im Rahmen eines wissenschaftlich begleiteten Modellprojekts erfolgen. Bereits erfolgreiche Betriebe an anderen Orten können als Vorbild dienen,“ schreibt der BUND.
Zum Offenen Brief: www.bund-rlp.de/pestizide
Für Rückfragen: Sabine Yacoub, 0174-9971892, sabine.yacoub(at)bund-rlp.de
https://www.bund-rlp.de/themen/mensch-natur/pestizide/