50 Jahre BUND Landesverband
Rheinland-Pfalz

BASF-GenKartoffel

03. Januar 2007 | Chemie, Ernährung, Landwirtschaft

Grüne Gentechnik beschleunigt Bauernsterben und Verlust an Landschaft

LUDWIGSHAFEN/MAINZ. Die in der Weihnachtszeit ergangene BASF-Botschaft, es sei nützlich und ohne Risiko, Gen-Kartoffeln auf 10 Feldern in Deutschland zu Testzwecken anzupflanzen, wird wohl gehört. Allein, es fehlt der Glaube - beim BUND, aber offenbar auch bei wichtigen Unternehmen wie Südstärke GmbH (Schrobenhausen), Unilever oder gar Nestle. Im Vorfeld des Genehmigungsvorgangs für die bisher lediglich beantragten Feldversuche möchte der BUND daher Folgendes zu bedenken geben:

Eine zunächst in Europa entwickelte und getestete Gen-Kartoffel kann sich  -  entgegen den Versicherungen der BASF  -  durchaus mit anderen Wild- und Nutzpflanzen kreuzen. Der Chemiekonzern gehört zu den sechs weltweit tätigen Konzernen, in deren Händen sich fast zu 100 Prozent der Markt für gentechnisch veränderte Pflanzen befindet. Niemand wird das Unternehmen daran hindern können, sein neues gentechnisches Produkt irgendwann auch in den südamerikanischen Ursprungsländern der Kartoffel zu verbreiten, zumal dort weniger Wissen und damit weniger Widerstand bei der Bevölkerung vorausgesetzt werden kann. Der Hinweis der BASF auf fehlende Einkreuzungsmöglichkeiten in Deutschland ist so der Versuch, den Skeptikern das moralisch entlastende Sankt-Florians-Prinzip schmackhaft zu machen.

Die BASF-Stärkekartoffel soll zwar für die Industrie entwickelt worden sein. Es gibt jedoch keine Garantie, dass sie nicht doch in die Nahrungskette gerät. Einerseits weist „Südstärke“ darauf hin, dass es schwierig sei, die Verarbeitung von gentechnisch veränderter und herkömmlicher Stärke voneinander getrennt zu halten (vgl. www. keine-gentechnik.de/dossiers/kartoffel . . .). Andererseits verbleiben Tausende von Knollen auf dem Acker, die von jagdbaren Wildtieren aufgenommen werden oder in benachbarte Felder einwachsen können. Eiweiß und Fasern als Reststoffe aus der Stärkegewinnung werden als Tierfutter eingesetzt und gelangen so in die Nahrungskette, ohne dass daraus gewonnene Produkte wie Milch oder Fleisch nach geltender Gesetzeslage gekennzeichnet werden müssen. Dass eine ungewollte Vermischung von gentechnisch verändertem Material, von dem keiner weiß, wo es herkommt, mit herkömmlichen Nahrungsmitteln kaum vermeidbar ist, das zeigen die bekannten „Reisskandale“. Hieran wird deutlich, wie bereits heute die viel beschworene „Wahlfreiheit“ des mündigen Bürgers unterminiert wird.

Unter Sicherheitsgesichtspunkten für Nahrungsmittel ist es ein Witz, sich auf eine achtwöchige Fütterungsstudie mit Milchkühen zu berufen, denen gekochte Kartoffeln gegeben wurden.

Die Stärkekartoffel EH 92 – 527 – 1 hat nach Angaben eines Europaabgeordneten auch ein Gen für Resistenzen gegenüber verschiedenen Antibiotika, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als wichtig für die Behandlung von Krankheiten eingestuft werden. Die Freisetzung solcher Resistenzgene würde langfristig den wirksamen Einsatz dieser Medikamente bedrohen.

Die bisherige Praxis bei der Genehmigung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) ist unter demokratischen Gesichtspunkten nicht unproblematisch. Hinter keinem der in der Europäischen Union zugelassenen GVO steht eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten; selbst eine einfache Mehrheit gegen einen GVO führt zu dessen Zulassung. In der Regel hat eine ganze Reihe von EU-Ländern massive Bedenken gegen eine Zulassung. Ohne Rücksicht darauf, dass im Agrarminister- oder Umweltministerrat fast nie eine qualifizierte Mehrheit zustande kommt, beschließt die Kommission, da sie das letzte Wort hat, stets Zulassung.

Der BUND verweist auf den Bericht „Grüne Gentechnik  -  Transgene Pflanzen der 2. und 3. Generation“ vom Juli 2005, den das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag erstellt hat. Dort wird die Überlegenheit konventioneller Verfahren und die Unübersichtlichkeit der Marktchancen für die kostenaufwändig entwickelten „Pflanzen als Bioreaktoren“ herausgestellt. ( Zur 1. Generation zählen die GVO, die die Konzerne für den Doppelpack mit ihren Herbiziden entwickelt haben).

Auch die „2. und 3. Generation“ von GVO wird unter Ausschaltung der Marktmechanismen die Abhängigkeit der noch verbliebenen Bauern von einem Patent besitzenden Saatgutmonopolisten weiter wachsen lassen und das Bauernsterben sowie die Verödung unserer Tourismuslandschaften noch beschleunigen. Mitteleuropa muss vor Verhältnissen wie im Mittleren Westen der USA bewahrt werden. Der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen hierzulande würde Sozialstruktur und Anblick unserer ländlichen Räume von Grund auf verändern.

 

Für Rückfragen: Sabine Yacoub

Ulrich Mohr, BUND Rheinland-Pfalz (Pressesprecher) 

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