50 Jahre BUND Landesverband
Rheinland-Pfalz

Die Menschen werden es auszubaden haben

11. Januar 2007 | Mobilität, Naturschutz

Weniger Schutz für Naturschutzgroßprojekt

LANDAU. Der BUND bietet allen Gegnern der sog. Hagenbach-Linie ein strategisches Gespräch an. Das Ziel sollte sein ein breites strategisches Bündnis zur Vermeidung dieses für Mensch und Natur verheerenden Straßenprojektes. Im Lichte der erkennbaren demographischen und energiepolitischen Entwicklung seien Planungen dieser Art hoffnungslos veraltet. Die für das Projekt unterstellten Verkehrszuwächse lassen sich angesichts verkehrswissenschaftlicher Befunde nicht mehr aufrecht erhalten. Diese Zuwächse sind ein Phantasieprodukt aus der konstruierten Vorwegnahme einer Bündelung mehrerer Verkehrsströme und aus noch nicht vollzogenen abzulehnenden „Lückenschlüssen“. Daher sollten die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Vorhabens sowie mögliche Alternativen von neutralen und unabhängigen Gutachtern untersucht werden. Dies sind wesentliche Aussagen, die die jüngste Mitgliederversammlung des BUND Südpfalz zum Thema Bienwaldautobahn erbracht hat.

So wurde festgestellt, dass das „Schutzgut Mensch“ Planern und Mainzer Politikern völlig aus dem Blickfeld geraten sein müsse. Dies gehe aus folgenden Details des raumordnerischen Entscheids hervor:

  • Mit einer Hagenbach-Linie werde die Bevölkerung der Stadt Hagenbach völlig von ihrem ortsnahen Naherholungsgebiet im kommunalen Wald abgeschnitten. Dies gelte auch in etwas geringerem Maß für die Ortsgemeinde Berg. Dazu komme ein unerträglicher Lärm- und Abgasteppich.
  • Die Stadt Wörth und die Ortsgemeinde Maximiliansau würden durch großdimensionierte Umbaumaßnahmen am Wörther Kreuz eine massive zusätzliche Verlärmung sowie eine weitere Steigerung der Spitzenwerte bei der Ozonbildung in immer heißer werdenden Sommern hinnehmen müssen.
  • Durch die geplanten Rückbaumaßnahmen (Teilstrecken der B 9, L 540, K 19) werde Büchelberg an einer massiven Zunahme des innerörtlichen Verkehrs zu leiden haben. Von Westen her nämlich würden Hagenbach und Lauterburg nur noch über die Autobahn oder aber über Schleichwege durch den Bienwald zu er-reichen sein.

Die jetzt durchgepeitschte Hagenbach-Linie löse durch den damit verbundenen Stra-ßenrückbau erhebliche Verkehrszunahmen im westlichen Bienwald aus. Somit werde das besonders zu schützende, ökologisch hochwertige Kerngebiet des Natur-schutzgroßprojektes westlich der B 9 nicht entlastet, sondern vielmehr massiv be-lastet. Diese anschwellenden Verkehrsmassen durch Verlagerung von regionalem Nord-Süd-Verkehr betreffen die K 16 (Minfeld – Büchelberg – Scheibenhardt), die L 545 (Steinfeld – Scheibenhardt) und die K 23 (Schaidt – Scheibenhardt). Dargestellt sei dies alles bereits im Verkehrsgutachten für das alte Raumordnungsverfahren.

Der jetzt vorgelegte raumordnerische Entscheid unterlasse es, einen abschließenden Vergleich der drei Hagenbach-Variante mit der Ausbauvariante der B 9-Trasse vorzulegen. Begonnen hatte man das nun abgeschlossene Raumordnungsverfahren (ROV) vor Jahren mit dem Ziel, die umstrittene B 9-Linie mit der Hagenbach-Linie naturschutzfachlich zu vergleichen. Nachdem man sich aber dann mit dem Landesentwicklungsprogramm (LEP) III auf die Realisierung der Hagenbachlinie festgelegt hatte, brach die SGD Süd alle weiteren Vergleiche der verschiedenen Li-nienführungen ab. Auf die vielen vorher aufgezeigten Mängel musste jetzt nicht mehr eingegangen werden. Eine solche Basta-Politik, die kritische Fragestellungen einfach ausblendet, mache eigentlich das Instrument eines ROV überflüssig.

Angesichts der aktuell rund 10.000 Fahrzeuge täglich auf der B 9 im Bienwald, eines hier wie bundesweit stagnierenden Verkehrsaufkommens (und der bevorstehenden und von Ministerpräsident Kurt Beck begrüßten Maut auf der elsässischen A 35 für Schwerlastverkehr im Transit) sowie angesichts abnehmender Bevölkerung und wachsender Energieprobleme frage man sich, wie der ROV-Entscheid auf die Prog-nose von 18.000 bis 20.000 Fahrzeuge bis zum Jahr 2015 komme. Autobahnen baut man i. d. R. erst ab einem Verkehrsaufkommen von mindestens 25.000 Fahrzeugen.

Offenbar bedient man sich zur Rechtfertigung der hohen Kosten einer Autobahn hier des „Kunstgriffes“, der Planung eine Bündelung der Verkehrsströme auf der B 9 im Bienwald und der Regionalstraße L 540 (Berg – Hagenbach) zugrunde zu legen und zudem die Durchführung sämtlicher sog. „Lückenschlüsse“ in der Region vorauszusetzen. Diese in der Bevölkerung umstrittenen „Lückenschlüsse“ bedeuten u. a. Umleitung rechtsrheinischen Verkehrs auf linksrheinisches Gebiet.

Bis heute jedoch werde der Region Südpfalz hartnäckig eine Gesamtdarstellung der verkehrlichen Situation bei Fertigstellung sämtlicher „Lückenschlüsse“ verweigert. Dies betreffe neben der Bienwaldautobahn die 2. Reinbrücke mit Nordtangente Karlsruhe und Anschluss an die rechtsrheinische A 5, den 4-spurigen Ausbau der B 10 sowie die Westumgehung von Straßburg.

Der BUND bleibt bei seiner klaren Position: Bei Verzicht auf Verkehrs-bündelung reicht eine verkehrssicher ausgebaute B 9. Eine Bienwaldautobahn wird nicht benötigt. Sie schadet Mensch und Natur.

Ulrich Mohr, BUND Rheinland-Pfalz (Pressesprecher) 

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