Diskussionspapier des BUND: "Unser Wasser wird knapp"

14. Juli 2006 | Flüsse & Gewässer, Quellen und Bäche, Ressourcen & Technik

Fallbeispiele von der Südpfalz bis zum Soonwald Behördenkontrollen sind unzureichend

MAINZ. An vielen Orten in Rheinland-Pfalz treten in Besorgnis erregender Weise von Jahr zu Jahr stärkere Trockenschäden auf. Dies ist das Ergebnis eines Fakten, Gründe und Lösungsansätze aufzeigenden Diskussionspapiers, das heute vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Rheinland-Pfalz in Mainz der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Landesgeschäftsführer Dr. Erwin Manz betont: „Die Wasserknappheit ist nicht nur auf die an einer Reihe heißer Sommer und niederschlagsarmer Winter allgemein spürbaren Klimaveränderungen zurückzuführen. Zusätzlich wirkt ein ganzes Bündel weiterer ebenfalls von Menschen zu verantwortenden Ursachen. Symptome der schleichenden Veränderung sind trockenfallende Bäche, versiegende Quellen, austrocknende Feuchtgebiete sowie zunehmende Vegetationsschäden.“

Das im Rahmen eines Praktikums entstandene Diskussionspapier des BUND Rheinland-Pfalz unter dem Titel „Wasserknappheit in Rheinland-Pfalz“ möchte das Nachdenken und Handeln zu diesem von den Behörden bislang unterschätzten Problem anstoßen. Es wendet sich an Politiker, Verwaltungen und Öffentlichkeit. Der Ernst der Lage wird aufgezeigt an insgesamt sechs ausführlich beschriebene Fallbeispiele von der Südpfalz bis zum Soonwald. Eine wirksame Gefahrenabwehr kann - wie sich gezeigt hat – so lange nicht stattfinden, solange wegen eines immer „schlanker“ werdenden Staates allenthalben die erforderlichen Kontrollen über die Einhaltung gültiger Vorschriften für die Grundwasserentnahme versagen.

So trocknet im südpfälzischen Hochstadt neuerdings der Hainbach aus, die Queichwaldungen, die früher weitgehend unter Wasser standen, verlieren zunehmend ihren Bachauencharakter. Dass die Hochstadter Gemarkung mit einer Reihe wertvoller Biotopflächen mehr und mehr austrocknet, hängt vermutlich zusammen mit einem aggressiv um sich greifenden Intensivgemüsebau, der aus bisher acht neu angelegten Brunnen das ganze Jahr über fast rund um die Uhr berieselt wird. Hierbei soll wegen nicht stattfindender Kontrollen mehr als das Vierfache der genehmigten Menge von jährlich 23.000 Kubikmeter Wasser illegal entnommen werden. Ebenfalls verhängnisvoll wirkt sich die Intensivbewässerung des nahen Golfplatzes Dreihof aus.

Im FFH-Gebiet Soonwald verändern ehemalige Sümpfe, Moore und Bruchwälder völlig ihren ursprünglichen Charakter: Quellen versiegen, Pflanzen feuchter Standorte verschwinden allmählich. Der Effekt der veränderten Niederschlagsverteilung wird durch die entwässernde Wirkung der Wegebegleitgräben, die wasserzehrende Fichtenbestände und seit 1970 zunehmende Trinkwasserentnahme verstärkt. Dem Wald fehlt zunehmend das bitter benötigte Waser.

Besonders hart hat es den Hinteren Roxheimer Altrheinarm getroffen. Dieser hatte bisher als wichtiges Durchzugs- und Überwinterungsquartier für besonders wertvolle und selten gewordene Vogelarten gedient. Ein Fischsterben und ein damit verbundenes Vogelsterben im Herbst 2005 sind ein dramatisches Alarmzeichen. Weiter zuspitzen würde sich die Lage durch den Bau einer sog. Süd- und Nordspange, der der flächenhafte Entwässerung der Region dienen soll.

Der „Jagdhausweiher“ im Aschbachtal bei Trippstadt im Pfälzerwald war einmal eines der schönsten Verlandungsmoore der Pfalz. Heute sind dort im trüben Wasser die Rücken der letzten Karpfen zu erkennen. Die hohe Konzentration von Brunnen im Aschbachtal spricht für einen Zusammenhang mit dieser deprimierenden Entwicklung. In den feuchten Tälern um Kaiserslautern wird Trinkwasser für die TKW, den Wasserzweckverband Westpfalz sowie für die Amerikaner gewonnen. Damit wird ein Gebiet von der saarländischen Grenze bis in den Raum Bad Kreuznach versorgt.

Durch Heimweiler im Kreis Bad Kreuznach fließt der Limbach. Einst war er Lebensraum für so anspruchsvolle Arten wie Flusskrebs und Forelle, spendete er Feuchtigkeit für ein Schilfgebiet und mehrere kleine Feuchtbiotope. Heute ist er tot. Ohne Zusammenhang mit der jeweiligen Niederschlagssituation fließt der Bach frühmorgens, um dann gegen 10.00 Uhr trocken zu fallen. Von besorgten Bürgern wird hinterfragt, ob es für den Bau und die Nutzung einer Vielzahl von Brunnen überhaupt endgültige wasserrechtliche Genehmigung gäbe. Die Vermutungen richten sich gegen den Zweckverband Gruppenwasserwerk der Stadt Kirn.

Das pfälzische Hassloch im Kreis Bad Dürkheim, althochdeutsch: „Hasalacha“, bedeutet im älteren Deutsch „Bei den Haseln an der Wasserstelle“. Inzwischen stehen dort Obstbäume, besonders Kirschen, aber auch Birken, unter Dauerstress und Schädlingsbefall, weil ihren Wurzeln immer mehr das Wasser fehlt. Auch diese Symptome korrelieren mit dem sich ungebremst ausbreitenden intensiven Gemüsebau, der in einer nur als Raubbau zu bezeichnenden Weise für seine Dauerberegnung dem Boden Wasser entzieht.

Als Maßnahmen gegen diese bedenkliche Entwicklung stellt der BUND u. a. etwa folgende Forderungen an die Politik:
Genauere Dauerbeobachtungen der Gewässer und Vegetationsbestände als Auflage in Genehmigungsbescheiden, Rücknahme von Altgenehmigungen mit umweltunverträglicher Wasserentnahme, progressive Wasserpreise, Einführung einer Grundwasserabgabe, Förderung von Regenwasseranlagen, geschlossene Wasserkreisläufe in der Industrie, keine Verwendung von Grundwasser zu Kühlzwecke, Wasserrückhaltemaßnahmen in Wald, Flur und in Baugebieten.
Einhergehen mit diesen Maßnahmen muss die personelle Ausstattung der Behörden zwecks wirksamer Kontrollen.

Ulrich Mohr, BUND Rheinland-Pfalz (Pressesprecher) 

Anlage:

BUND-Diskussionspapier: Wasserknappheit in Rheinland-Pfalz (PDF, 716 KB)

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