50 Jahre BUND Landesverband
Rheinland-Pfalz

Gewerbeaufsicht in Rheinland-Pfalz - Versagen die rheinland-pfälzischen Kontrollbehörden?

16. März 2006 | Chemie, Umweltgifte

BUND stellt 51 Fragen an SGD-Nord und prüft Zugang zu Behördenakten

TRIER / KAISERSESCH. Während zur Zeit jeder tote Vogel zum Medienereignis wird, vermögen weit überhöhte Dioxin-, Blei-, Cadmium- und Zinkwerte in Luft, Boden und auf Gemüsepflanzen sowie erhöhte Krebsraten rheinland-pfälzische Genehmigungs- und Kontrollbehörden allem Anschein nach kaum hinterm Ofen hervorzulocken. Diese bedrückende Bilanz zieht der BUND zur Zeit angesichts zweier Fälle, die Bevölkerung, Ärzteschaft und Kommunalpolitik zunehmend beschäftigen und erregen. Es handelt sich um Beobachtungen im Trierer Hafengebiet sowie im Kaisersescher Industriegebiet.

In Kaisersesch hatte der vom BUND beauftragte Geobotaniker Prof. Dr. Willy Werner von der Universität Trier im Umkreis des Industriegebietes 100 Haselnussblattproben entnommen. In Hauptwindrichtung wurden erhöhte Werte der Schwermetalle Blei, Cadmium und Zink festgestellt. Der gemeinsam geäußerten Sorge von gesamtem Stadtrat, Ärzteschaft, Bevölkerung und BUND um den naheliegenden Zusammenhang mit einer auffällig erhöhten Krebsrate begegnen offizielle Stellen bisher lediglich mit der Vermutung, es könne sich bei den Erkrankten auch um Raucher handeln. Laut RHEINZEITUNG wollte die Umweltministerin „bislang keine Überschreitungen der gesetzlichen Grenzwerte festgestellt“ sehen. Gewerbeaufsicht und Kreisverwaltung schließen Umweltbelastungen aus. Die BUND-Kreisgruppe Cochem-Zell lässt zur Zeit prüfen, ob nach dem Umweltinformationsgesetz Akteneinsicht bei den zuständigen Behörden durchsetzbar ist.

Im 200 Meter von der Wohnbebauung Pfalzel entfernten Industriegebiet am Trierer Hafen werden seit 10 Jahren kontinuierlich ebenfalls von Prof. Werner Umweltmessdaten erhoben. In den Jahren 2004 und 2005 sei eine deutliche Steigerung der Emissionen festzustellen. Trotz regelmäßiger Hinweise an das Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht (LAfUWG) und an die Gewerbeaufsicht der SGD-Nord kam es zu keinen erkennbaren Konsequenzen aus den gewonnenen Erkenntnissen.

Auch in diesem Fall gab das Mainzer Umweltministerium die etwas gewundene Auskunft, eine Gefahr für die menschliche Gesundheit könne „allenfalls mittelbar und nur bei Vorliegen ungünstiger Umstände im Einzelfall bestehen“. Hinsichtlich der Überwachung der Industriebetriebe am Trierer Hafen spricht der BUND von einer „katastrophalen kollektiven Verantwortungslosigkeit von Ordnungsamt und Gewerbeaufsicht“.

Erst auf einer gemeinsamen Sitzung der Trierer Ortsbeiräte von Pfalzel, Biewer, Ehrang und Ruwer am 8. März wurden die alarmierenden Messergebnisse einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Der „Trierische Volksfreund“ zitiert am 10. März empörte Bürger mit der Schlagzeile „Seit Jahren leben wir in diesem Dreck“.

Der BUND bemüht sich nun, Bewegung und Licht ins Dunkel der Verhältnisse im Trierer Hafengebiet zu bringen, indem er einen 51 Fragen umfassenden Fragenkatalog an die Ge-werbeaufsicht bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord gerichtet hat. Die Fragen beziehen sich auf die Kontrolle der im Genehmigungsbescheid für die Trierer Stahlwerke GmbH vom 25. Juni 2003 zum Antrag der Firma vom 12. März 2003 erteilten Auflagen.

Der BUND geht davon aus, dass man trotz eines 2003 durchgeführten BimSchG-Verfahrens der Firma bis 2007 einer in der Öffentlichkeit als „Dreckschleuder“ bezeichneten Firma ganz bewusst einen Freibrief zur Umweltverschmutzung eingeräumt habe. Dies sei zynisch gegenüber den Beschäftigten und der Bevölkerung im engen Trierer Talkessel.

Für Nachfragen:
Heide von Schütz (Fall Trier) 0171 - 9130558
Agnes Hennen (Fall Kaisersesch) 02653 – 910565 / 0171 – 1222001

Ulrich Mohr, BUND Rheinland-Pfalz (Pressesprecher)

Zur Übersicht

BUND-Bestellkorb