50 Jahre BUND Landesverband
Rheinland-Pfalz

Kormoranabschüsse in Rheinland-Pfalz

02. Januar 2006 | Flüsse & Gewässer, Gefährdete Tiere und Pflanzen

Beim Kormoranschutz soll Rad zurückgedreht werden

Paradoxer Artenschutz mit dem Schießgewehr

Im Vorfeld der Landtagswahl und offenbar in populistischer Absicht hat die Landesregierung eine methodisch und fachlich höchst fragwürdige Genehmigungspraxis eingeführt, mit der der Kormoranbestand in Rheinland-Pfalz rigoros vergrämt oder zum Abschuss freigegeben werden soll. Dagegen protestiert der BUND-Landesverband auf das Entschiedenste. Seit Mitte der 90er Jahre ist der vormals fast ausgerottete Vogel dank europaweiter Unterschutzstellung und Verbesserung seiner Lebensräume auch wieder in seine alten rheinland-pfälzischen Verbreitungsgebiete zurückgekehrt.

Neuerdings jedoch versucht eine ansonsten eher tierschutzfreundliche Landesregierung in Hauruckverfahren, einer rastlos arbeitenden Anglerlobby zu Willen zu sein durch Inszenierung sogenannter Runder Tische. Hierbei werden fertig vorgelegte Konzepte, angeblich im Namen des Artenschutzes, zur, wie es beschönigend heißt, „letalen Vergrämung“ des unter Schutz stehenden Vogels festgelegt. Nebenbei bemerkt: „Letal“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „tödlich“.Groteskerweise werden zu diesen Pseudobeteiligungen die eigentlich sachkundigen Naturschützer entweder überhaupt nicht oder zu spät eingeladen.

Was auf solchen paradoxen Veranstaltungen exekutiert wird, ist weder rechtlich noch wissenschaftlich haltbar:


  • Die bereits genehmigten oder geplanten Kormoranabschüsse verstoßen gegen die europaweit gültige EU-Vogelschutzrichtlinieund gegen das europäische Artenschutzrecht.
  • Das Artenschutzargument der Abschussbefürworter läuft ins Leere. Die Behauptung, der Kormoran sei verantwortlich für den starken Rückgang seltener und geschützter Fischarten, ist nirgends belegt worden. Dies ergibt sich beispielsweise aus einem von der Struktur- und Genehmigungsdirektion-Nord vorgelegten Gutachten. Dort wird unter anderem am Beispiel der Kyll nachgewiesen, die Nahrungsaufnahme der Kormorane sei „nicht geeignet ... , den Fischbestand der Kyll zu gefährden“. (Dennoch soll auch an der Kyll geschossen werden; ein Vorgang, der sonst nur in Willkürregimen zu beobachten ist).
  • Die unbestreitbar existierende Belastung des Lebens in unseren Flüssen und Bächen hat überhaupt nichts mit den Kormoranen zu tun. Sie ist vielmehr Folge einer immer noch gestörten Gewässerstruktur. Verursacht ist dies durch die Zerstörung einst Schutz gewährender Rückzugsräume, durch Fehlen geeigneter Laichsubstrate, durch unzählige die Fischwanderwege zerschneidende Wehre, durch belastende Schadstoffeinträge sowie mangelnden Sauerstoffgehalt der Gewässer. Die Beseitigung dieser Missstände ist ja auch Ziel und Absicht der Landesregierung wie der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Leider ist dieses in aller erster Linie zu verfolgende Ziel noch nicht im erwünschten Umfang erreicht.

Wenn man nicht weiter weiß mit einem Problem, dann ist bedauerlicherweise die Versuchung sehr groß, mit Hilfe eines Sündenbocks kurzfristige Entlastung zu suchen. Der Abschuss der zu Sündenböcken erklärten Kormorane ist daher nichts anderes als ein besonders groteskes und von Ignoranz strotzendes Beispiel für ein Herumdoktern an Symptomen.

Für Nachfragen: Monika Arnold (Sprecherin des BUND-Arbeitskreises Tierschutz), Tel.: 06435 – 961140.

Ulrich Mohr, BUND Rheinland-Pfalz (Pressesprecher) 

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