BUND Landesverband
Rheinland-Pfalz

Landtagswahl - Starkes Meinungsgefälle bei Natur und Umwelt

02. März 2006 | Energiewende, Gefährdete Tiere und Pflanzen, Klimawandel, Landwirtschaft, Mobilität, Naturschutz

Parteien zur Landtagswahl Was wird aus guten Vorsätzen im Fegefeuer sozial-liberaler Koalitionsverhandlungen?

MAINZ. Das vom BUND für sechs Parteien festgestellte Umfrageergebnis wirft Fragen auf. Klar übereinstimmend mit den Positionen des BUND sind die Auskünfte von Grünen, WASG und ÖDP. In vielem positiv äußert sich auch die SPD. Die entschiedenste Ablehnung zeigt die CDU; in dieser Haltung steht ihr die FDP näher als allen anderen Parteien. Die sich hierbei aufdrängende Frage muss für den BUND daher lauten: Welchen umweltpolitischen Preis wird die SPD für eine Koalition mit dieser Partei, die bei Umweltthemen der CDU wesentlich näher steht, wieder zahlen müssen?

Ein wichtiger Knackpunkt wäre hier die jetzt von Brüssel den Ländern eingeräumte Möglichkeit, Agrarfördermittel mit der sogenannten „Modulation“ in Zukunft freiwillig umzuschichten: Bis zu 20 Prozent weniger direkte Zahlungen in die Landwirtschaft, dafür aber mehr in die Entwicklung des ländlichen Raumes (sogenannte „2. Säule“), die sonst um bis zu 47 Prozent sinken würde. Dies wäre die einzige Möglichkeit, der verhältnismäßig bäuerliche Landwirtschaft und den rheinland-pfälzischen Mittelgebirgslandschaften ihre Zukunftschance zu erhalten.

Nicht weniger brisant wird es, wenn demnächst aus dem jüngsten Urteil des Europäischen Gerichtshofes Konsequenzen gezogen werden müssen. Denn der EUGH fordert einen wirksameren Schutz für Natura 2000-Gebiete, als die Landesregierung dies bislang festgesetzt hat. Vor allem haben die Richter die „Landwirtschaftsklausel“ für unzulässig erklärt. Auch bei den Themen Bodenschutz, Straßenbau oder Naturschutz muss die SPD sich vorsehen, auf dem Weg ins Koalitionsbett mit der FDP nicht zur „Umfaller-Partei“ zu werden.

Der BUND hatte in den letzten Wochen die sechs Parteien um Auskunft über den Grad ihrer Zustimmung zu 26 umweltpolitischen Thesen gebeten. Auf einer Skala von 1 (sehr hoch) bis 5 (sehr gering) konnte der Grad der Übereinstimmung mit der jeweiligen BUND-Position zum Ausdruck gebracht werden. Alleine die SPD umging das vorgelegte Raster und ersetzte es durch eine sehr ausführliche Stellungnahme, die zur Herstellung von Vergleichbarkeit in Zahlenwerte umgesetzt werden musste.
Folgende Einzelergebnisse sind hervorhebenswert:


  • Während alle anderen Gefallen finden an dem Ziel, bis 2020 den Flächenverbrauch in Rheinland-Pfalz auf 1,5 ha/Tag zurückzuführen, kann sich die CDU damit keineswegs anfreunden. Sehr mäßig (Wert 3) ist auch ihre Bereitschaft, städtebauliche Innenentwicklung vor weiterer Inanspruchnahme von Außenflächen als verbindliches LEP IV-Ziel anzuerkennen. Zu einer eindeutigen Frontstellung gegen noch mehr Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“ kann sie sich - wie übrigens auch die FDP - nicht durchringen (vgl. zu „Landesplanung“ Thesen 1 bis 3).
  • Als eEnzige unentschieden (Wert 3) ist die größte Oppositionspartei in der Frage einer effektiven Förderung des Energiesparens sowie dezentraler Energiegewinnung. Mit einer entschlossenen Kontrolle des Vollzugsdefizits bei der Einhaltung der Energie-Einsparverordnung will sie sich wie auch die FDP nicht anfreunden. Hier bleibt auch die SPD wankelmütig (Wert 3) (vgl. zu „Energie“ Thesen 4 bis 8).
  • Für den ÖPNV als vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr kann sich die CDU im Gegensatz zur FDP nicht erwärmen. Einig sind sich beide Parteien jedoch nach wie vor in der Hochschätzung eines ungebremsten Straßenbaus; eine Position, die in dieser Eindeutigkeit weder von den Sozialdemokraten und schon gar nicht von den kleineren Parteien geteilt wird (vgl. zu „Verkehr“ Thesen 9 bis 11).
  • Deutliche Zurückhaltung gegenüber dem weiteren Aus- oder gar Neubau von Müllverbrennungsanlagen zeigt die SPD, ganz besonders deutlich ist die Ablehnung bei Grünen und ÖDP. CDU und FDP bleiben hier indifferent (Wert 3). Dem Ziel einer Entwicklung „von einer Beseitigungswirtschaft hin zu einer Stoffstromwirtschaft“ kann einzig die CDU (Wert 2) im Kontrast zu allen anderen kaum etwas abgewinnen (vgl. zu „Abfallwirtschaft“ Thesen 12 bis 14).
  • Einig in ihrer starken Zurückhaltung (Wert 2) sind sich beide bürgerliche Parteien auch gegenüber einem Förderschwerpunkt „Kombination aus ökologischer Landwirtschaft und regionaler Vermarktung“. Ganz heftig ist bei beiden die Ablehnung von Referenzgebieten für eine gentechnikfreie Landwirtschaft. Unentschieden ist hier auch die SPD. Dies ist umso bemerkenswerter, als der Großteil der Bevölkerung gentechnisch erzeugte Lebensmittel konsequent ablehnt (vgl. zu „Landwirtschaft“ Thesen 15 bis 17).
  • Beim Thema Ausdehnung des naturgemäßen Waldbaus auf Kommunal- und Privatwald und Vermeidung der Privatisierung der Waldbewirtschaftung weicht die CDU schroff von allen anderen Parteien ab (vgl. zu „Wald“ Thesen 18 und 19).
  • Eine Gleichstellung von NATURA 2000-Gebieten mit dem Status von Naturschutzgebieten, unumstößliche Festsetzungen zu Vorrangflächen für den Naturschutz in der Landesplanung (LEP, Regionale Raumordnungs und Flächennutzungspläne) sowie das Ziel, auf 5 Prozent der Landesfläche Prozessschutzflächen zu schaffen, stoßen auf klare Ablehnung bei Christ- und Freidemokraten. Die SPD schwankt hier zwischen Zustimmung (Wert 4) und Zurückhaltung (Wert 3) (vgl. zu „Naturschutz“ Thesen 20 bis 22).
  • Vor der letzten Landtagswahl hatte die CDU noch eine eindeutige Ablehnung von Privatisierungstendenzen bei Wasserver- und –entsorgung versprochen. Jetzt jedoch ist sie mit der Bewertungsstufe 3 erkennbar von ihrer klaren Position von damals abgerückt. Auch hierin hat sie sich in FDP-Nähe begeben. SPD, Grüne, WASG und ÖDP zeigen dagegen höchstmögliche Zustimmung (Wert 5) für die Befürchtungen des BUND, Privatisierung in diesem Bereich führe zu riskanten Entwicklungen für Verbraucher, Gesundheit und Arbeitsplätze (vgl. zu „Wasser“ Thesen 23 bis 26).

Deutlich einig sind sich hingegen alle sechs Parteien beim Energiesparen und der Vorbildrolle von landeseigenen Gebäuden für umweltfreundlichen Energieeinsatz; ebenso bei der Wertschätzung für die naturgemäße Waldwirtschaft im Staatswald, der Erhaltung der Einheitsforstämter und der Fortsetzung der erfolgreichen „Aktion Blau“.

Genaueres zur Einzelauswertung unter www.bund-rlp.de.


Ulrich Mohr, BUND Rheinland-Pfalz (Pressesprecher)

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