BUND Landesverband
Rheinland-Pfalz

Verkehrslandeplatz Speyer

23. November 2005

Ruinöser Wettberwerb ist keine Standortpolitik Im Gesamtrahmen der Metropolregion handeln! Vorrang für privates oder öffentliches Interesse?

SPEYER. Der Ausbau des Verkehrlandeplatzes Speyer hat keine Aussicht auf Realisierung. Es gibt kein öffentliches Interesse für diese Maßnahme. Sie wäre ein klassisches Beispiel für die Selbstkannibalisierung von Einrichtungen einer Region, und das auf Kosten von Sicherheit, Natur und Umwelt. Dies ist das Ergebnis einer 65 Seiten umfassenden Stellungnahme des BUND Rheinland-Pfalz zum Planfeststellungsverfahren „Landebahnverlängerung des Verkehrsflugplatzes Speyer“. Es beinhaltet eine Verlängerung der derzeitigen Landebahn von knapp 1.200 Metern auf 1.677 Meter. Bund der Steuerzahler und Landesrechnungshof dürften mit Sicherheit ein Augenmerk haben auf die hiermit verbundene Verschwendung öffentlicher Gelder. 1.600 private Einwendungen gegen das Projekt sprechen im Übrigen für sich.

Der Vorhabensträger begründet die Planungen mit der seit dem 1. Januar d. J. gültigen JAROPS-Richtlinie, von der z. Zt. jedoch lediglich zwei strahlgetriebene Jets betroffen sind. Eigentliches Motiv des Betreibers ist jedoch - deutlich aus den Planungsunterlagen ablesbar - die Hoffnung, von anderen Regionalflughäfen der Metropolregion Geschäftsanteile abwerben zu können. Zu diesen Flugplätzen zählen insbesondere Worms und Mannheim-Neuostheim. Völlig außerhalb der Betrachtung bleibt das zusätzlich bestehende Angebot einer zivilen Nutzungsmöglichkeit des US-Flugplatzes Colemann in Mannheim, der durchaus auch noch zu einem Konversionsprojekt werden könnte.

Auf Kosten von sicher ebenfalls nicht untätig bleibenden und um Marktanteilen kämpfenden Konkurrenten im kommerziellen Flugverkehr der Rhein-Neckar-Region also soll das Millionen-Projekt in Speyer durchgezogen werden.

Der Vorgang ist einzuordnen vor dem Hintergrund einer in den letzten Wochen erschienenen Studie der Deutschen Bank, wonach - so berichtet die Financial Times Deutschland am 4. November - weitere Investitionen in kleinere Flughäfen unnötig seien und wirklich wettbewerbsfähigen Konkurrenten wirtschaftlichen Schaden zufügen. Erst ab einer Größe von rd. 500.000 Passagieren können Flughäfen wirtschaftlich arbeiten; die meisten würden sich gegenseitig kannibalisieren und würden zudem einen unheilvollen Subventionswettlauf aus unser aller Steuergelder betreiben. Norbert Walter (Deutsche Bank): „Die Bahn ist sehr viel relevanter“. Was Not tue, sei eine bundeseinheitliche Flughafenpolitik.

Die Befürworter des Speyrer Projektes schaffen - aus ihrer eingeschränkten linksrheinischen Sicht heraus - noch nicht einmal den Blick über die Landesgrenze am Rhein, geschweige denn, dass sie zu einer Gesamtschau, Abstimmung und Arbeitsteilung im relativ engen Rahmen ihrer bejubelten europäischen Metropolregionfähig sind.

Der BUND vermisst die Einsicht, dass es vordringlich um eine verbesserte Erreichbarkeit der umgebenden Verkehrsflughäfen und eine bessere Anbindung an das Hochgeschwin-digkeitsnetz der Bahn zu gehen hat.

Die wünschenswerte Linie der Vernünftigkeit ist vorgegeben im „Regionalen Raumordnungsplan Rheinpfalz 2004“, wonach Verkehrslandeplätze nicht auszubauen, sondern lediglich „entsprechend zu erhalten und in ihrer Funktionsfähigkeit zu sichern“ sind. Ein unter Verschluss gehaltenes Gutachten eines renommierten Autors im Auftrag der IHK hat ebenfalls vom Ausbau des Speyerer Freizeit- und Hobby-Landeplatzes abgeraten.

All dies jedoch scheint die hinter dem Vorhabensträger stehenden Unternehmen (BASF, Hornbach), deren Interessen in diesem Fall sich mit dem öffentlichen Interesse keinesfalls decken, weiter nicht zu interessieren.

Fazit: Unter den Bedingungen der Rhein-Neckar-Region besteht weder ein gegenwärtiger noch ein zukünftiger Bedarf für den Ausbau des Verkehrslandeplatzes Speyer.

Hinzu kommt eine als äußerst kritisch zu bewertende Sicherheitslage. Am bestehenden Flugplatz ist es bereits zu vier Abstürzen, drei davon mit tödlichem Ausgang, gekommen. Durch Verlängerung der Landebahn dieses auch in Zukunft nur im Sichtflug anzufliegenden Landeplatzes erhöhen sich diese Risiken noch. Weitere Gefahrenpotenziale liegen in den chemischen Fabrikationsanlagen der Firma Haltermann Speyer GmbH und einem Tanklager, Betrieben, die als Störfallbetriebe nach der Seveso-II-Richtlinie einzuordnen sind. Auf 27 ha gibt es 220 unterschiedliche Tanks mit einem Fassungsvermögen von 100.000 Kubikmetern. Das etwa 8 Flugsekunden entfernte AKW Philippsburg, dessen Block I nicht gegen Flugzeugabstürze gesichert ist, stellt einen ganz besonderen Gefahrenpunkt dar. Ferner geht von dem Vorhaben für das Weltkulturerbe Speyrer Dom eine nicht zu unterschätzende Bedrohung aus.

Nicht unerheblich sind die Eingriffe in die Natur, vor allem auf der Insel Horn, wo die über hundertjährigen Stieleichen eines einmaligen Hartholzauenwaldes zur „Herstellung von Hindernisfreiheit“ einfach geköpft werden sollen. Hartholzauenwälder sind bundesweit einge-stuft unter der Kategorie „von vollständiger Vernichtung bedroht“.

Ulrich Mohr, BUND Rheinland-Pfalz (Pressesprecher)

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