BUND Landesverband
Rheinland-Pfalz

Wärmelast Rhein

14. Juli 2010 | Flüsse & Gewässer, Gefährdete Tiere und Pflanzen

Wassertemperaturen im Rhein überschreiten kritische Marke

BUND fordert Kraftwerke herabzufahren


Mainz. Seit Mitte Juni steigen die Wassertemperaturen im Rhein stetig an. In den nächsten Tagen droht die 28°C-Marke überschritten zu werden. Damit setzt sich die langjährige Entwicklung fort und die Rekordtemperaturen des Jahres 2003 werden erreicht. Generell liegt die Rheintemperatur drei Grad über dem natürlichen Niveau. Zwei Grad resultieren aus den Abwärmeeinleitungen (überwiegend aus Kraftwerken) entlang des Rheins und seiner Nebenflüsse, ein Grad ist auf den Klimawandel. Der Abschnitt zwischen Worms und Mainz ist der mit den höchsten Wassertemperaturen. Dies sind die Ergebnisse einer Studie des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) zur Wärmelast des Rheins.

Zum dritten Mal in enger Folge (nach 2003 und 2006) wird in diesem Jahr die 28 °C-Marke und dabei eine Rekordtemperatur im Rhein erreicht. Der BUND wertet dies als besonders kritisches Indiz, da der Rhein zur Zeit noch eine recht günstige Wasserführung hat und noch kein Niedrigwasser zu beobachten ist. Bereits ab 25 °C ist mit Schädigungen des komplexen Ökosystem Rhein zu rechnen. Die Extremereignisse liegen leider ganz im Trend der langjährigen Entwicklung. Mit seiner Studie „Wärmelast Rhein“ hat der BUND im letzten Jahr aus bisher nur verstreuten amtlichen Angaben ein Abwärmekataster für das internationale Rheineinzugsgebiet vorgelegt. Die Abwärmeeinleitungen aus Kraftwerken, Industriebetrieben und Kläranlagen betragen im Rheineinzugsgebiet mehrere 10.000 Megawatt (MW). (Zum Vergleich: Die elektrische Leistung der beiden Atomreaktoren in Biblis liegt bei jeweils 1.200 MW.) Absolute Spitzenreiter sind die beiden Atomreaktoren der Electricite de France im elsässischen Fessenheim. Sie besitzen keine Kühltürme und heizen allein mit annähernd 4.000 MW das Wasser des Rheinseitenkanals um mehr als 2°C auf.

Dr. Holger Schindler (BUND-Landesvorsitzender) fordert: „Bei derart hohen Wassertemperaturen müssen alle Möglichkeiten der Rückkühlung und von Kühltürmen ausgeschöpft sowie die Kraftwerke heruntergefahren werden. Die Wärmeeinleitung muss drastisch verringert werden, bis die Temperaturen wieder Normalwerte erreicht haben. Die unverbindlichen Empfehlungen des Umweltministeriums sind unzureichend. Die Behörden müssen nun strikte Maßnahmen anordnen.“ Spätestens bei diesem Hitzereignis werde deutlich, dass dringend ein Wärmelastplan für den Rhein erstellt werden muss. Darin müssen wirksame Maßnahmen zur Reduktion der Wärmeeinleitungen im Rheineinzugsgebiet festgelegt werden.

Dr. Heinz Schlapkohl (stellvertretender Landesvorsitzender) ergänzt: „Die in der deutschen Umweltpolitik bereits in den 1980er Jahren diskutierte Abwärmeabgabe muss in Berlin und Brüssel wieder auf die politische Agenda gesetzt werden: In Zeiten eines sich rasant beschleunigenden Klimawandels müssen die Abwärmeeinleiter auch über den ökonomischen Hebel gezwungen werden, ihre thermischen Zumutungen gegenüber der Rheinökologie zu vermindern. Das Programm zur Wiederansiedlung des Lachses im Rheineinzugsgebiet muss durch Maßnahmen zur Reduzierung des Wärmeeintrags flankiert werden. Es darf nicht das Gegenteil geschehen.“ Lachse, die im Sommer den Rhein aufwärts wandern ("Jakobslachse") stellen bei 25 Grad Rheinwassertemperatur ihre Wanderung ein ("Thermische Barriere"). Die Temperaturen im Rhein von 28 Grad schädigen das gesamte Ökosystem.

Mit dem Temperaturanstieg im Rhein und seinen Nebenflüssen stehe auch die Umsetzung der EG-Wasserrahmenrichtlinie in Frage.“ Die Wasserrahmenrichtlinie schreibt vor, dass in den europäischen Flüssen der "gute ökologische Zustand" bis zum Jahr 2015 - mit Verlängerungsmöglichkeiten bis 2021 bzw. 2027 - erreicht werden muss. Der von der EU gefordert "gute ökologische Zustand" drückt sich vor allem durch  eine intakte Fischfauna aus. Die „thermische Barrierewirkung“ der Abwärmeeinleitungen lässt diesbezüglich aber eine Zielverfehlung erwarten.

Die Abwärme aller in Deutschland betriebenen Kraftwerke würde ausreichen, um sämtliche Gebäude in der Bundesrepublik zu heizen! Die gigantische Wärmelast, die dem Rhein zugemutet wird, ist Ausdruck einer völlig ineffizienten Stromproduktion in Kohle- und Atomkraftwerken. Vom Energiesparen und von einer Energieeffizienzrevolution sowie von einer Umstellung der atomar-fossilen Stromproduktion auf dezentrale Blockheizkraftwerke würde nicht nur der Klimaschutz sowie die heimischen Arbeitsplätze, sondern auch Lachs & Co. profitieren. Der BUND fordert statt dem Bau und Betrieb zentraler Kraftwerke Energieeinsparung, regenerativer Energiequellen sowie den Bau von dezentralen Blockheizkraftwerken zur Versorgung von Gebäuden mit Strom und Wärme.

weitere Information:  BUND-Studie „Wärmelast Rhein“
download unter http://rhein.bund-rlp.de 

Für Rückfragen:
Dr. Heinz Schlapkohl (Stellvertretender Landesvorsitzender BUND Rheinland-Pfalz), 06353 3318
Dr. Erwin Manz (Landesgeschäftsführer BUND Rheinland-Pfalz) 06131 62706-0 bzw. 0151 12273866 

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