Luftbild des Naturschutzgebiets Rosengarten

Naturschutzgebiet Rosengarten – der ehemalige Steinbruch ist ein Stück BUND-Geschichte

Die Kalksteinbrüche „Rosengarten" (11,2 ha) liegen in der Gemarkung Gundersheim im Landkreis Alzey-Worms. In früheren Zeiten wurden die Steine zum Hausbau entnommen. Der größte Abbau erfolgte allerdings durch die Zuckerindustrie, die hier Kalksteine in einem betriebseigenen Werk auf Schottergröße brachte, um den Kalk anschließend zu brennen und zur Zuckerraffinade einzusetzen. 1956 wurde der Abbau eingestellt. Schon bald wurden Pläne, das Gebiet als zentrale Mülldeponie auszuweisen immer konkreter. (Foto: Frieder Stauder)

BUND rettet ehemaligen Kalksteinbruch bei Gundersheim

Da sich nach der Aufgabe des Steinbruchbetriebs auf dem Gelände innerhalb der ausgeräumten Agrarlandschaft ein wichtiges Rückzugsgebiet für Tiere und Pflanzen mit einer Vielzahl seltener Arten entwickelt hatte, trafen diese Pläne auf den erbitterten Widerstand von Naturschützer*innen. Sie kämpften im BUND – der damals noch BNR hieß – gemeinsam für die Erhaltung des Gebiets und konnten schließlich 1978 einen großen Erfolg verbuchen: Die Süddeutsche Zucker AG, Mannheim verkaufte das Gelände an den BUND Rheinland-Pfalz. Es folgte die Ausweisung als Naturschutzgebiet.

Seit dieser Zeit betreut die BUND-Kreisgruppe Wonnegau (früher BUND-Kreisgruppe Alzey-Worms) mit großem Einsatz die Flächen. In der ersten Zeit wurde der Müll Containerweise herausgefahren. Später standen Pflegemaßnahmen im Vordergrund: Zur Erhaltung der Magerrasen wurden Gehölze entnommen, Mäharbeiten durchgeführt und der Besucherverkehr durch eine geeignete Wegeführung von den empfindlichen Bereichen weggelenkt. 1986 wurden ältere Bestandsaufnahmen überarbeitet und die aktuelle Vegetation in einer Karte detailliert erfasst. Darauf aufbauend entwickelte der BUND einen eigenen Pflegeplan. Dieser setzt als Entwicklungsziel ein buntes Mosaik aus verschiedenen Magerrasen, Pioniergesellschaften und Gebüschen fest.

Neben seiner Bedeutung für Pflanzen und Tiere ist der Steinbruch ein wichtiges geologisches und Bodendenkmal: Die Gundersheimer Kalke sind hauptsächlich sog. „Landschneckenkalke". Das Gewässer, in dem sie sich absetzten, war ein Süßwassersee, der vor rund 25 Millionen Jahren (mittlere Tertiärzeit) die Oberrheinische Tiefebene zwischen Basel und Mainz bedeckte. Bei späteren Hebungen entstanden zahlreiche Risse und Spalten. Sie enthalten eine fossile “Roterde” (Terra rossa), in der sich Knochen, Kiefer und Zähne von kleinen Nagetieren und Vertretern anderer Tierarten finden. Es wurden u. a. auch Zähne eines Halbaffen gefunden. Andere Spalten sind mit einer Mischung aus gelbem Löß und Verwitterungslehm zugesetzt. In ihnen finden sich Überreste großer Säugetiere wie Wollnashorn, Höhlenbär und Hirsch; ein Hinweis auf die Entstehung dieser Spalten in der Mitte der Eiszeit.

Im Laufe der Erdgeschichte hat sich im Bereich des Steinbruchs ein buntes Mosaik von geologischen Ablagerungen gebildet. Entsprechend vielfältig ist die Bodenbildung im Steinbruch. Durch den Steinbruchbetrieb sind die Böden im zentralen Bereich stark gestört. Flachgründige Bodenbildungen auf Kalk sind extrem austrocknungsgefährdet. Dagegen kann vom Löß eine wesentlich größere Wassermenge gespeichert werden. Infolge der günstigen Mineralzusammensetzung sind hier größere Nährstoffmengen pflanzenverfügbar.

Allgemein zeichnet sich Rheinhessen durch große Trockenheit und Wärme aus. Die Sommer-Niederschläge fallen überwiegend als Stark -und Gewitterregen und verdunsten in den oberen Bodenschichten sehr schnell und kommen so den Pflanzen nicht zugute.

Lokalklimatisch kann es im Steinbruch zu besonderen Effekten kommen: Es bilden sich im Kessel Kaltluftseen und in der Plateaulage kommt es in klaren Winternächten zu stärkeren Strahlungsverlusten (Plateaufrost). Wegen des mangelnden Windschutzes durch Gehölze sind diese Flächen den kalten Winden besonders ausgesetzt.

Der Steinbruch als Rückzugsgebiet

Inmitten einer fast bis auf den letzten Strauch ausgeräumten Agrarsteppe ist der Steinbruch ein wichtiges Rückzugsgebiet für viele sonst nicht mehr anzutreffende Arten. Im rheinhessischen Trockengebiet gelegen konnte sich auf den Kalkböden eine interessante Xerothermvegetation (Vegetation warm/trockener Standorte) entwickeln.

Der Steinbruch und seine Vegetation

Folgende Vegetationstypen konnten beobachtet werden:

Eine von einjährigen Pflanzen beherrschte Gesellschaft siedelt auf nährstoffarmen offenen Kalkböden in Hanglage und wird charakterisiert durch Dunkles Hornkraut (Cerastium pumilum) und Bärtiges Hornkraut (Cerastium brachypetalum). An einigen Stellen gesellt sich die seltene Büschel-Miere (Minuartia fastigiata) dazu.

Auf nährstoffreicheren offenen Lössböden siedelt in Hanglage eine weitere Gesellschaft, die reich an einjährigen Arten ist. Sie wird charakterisiert durch das gemeinsame Auftreten von Trockenrasenarten wie das Kelch-Steinkraut (Alyssum alysoides) und von Ackerwildkräutern wie das Quendelblättrige Sandkraut (Arenaria serpyllifolia) und die Schmalblättrige Wicke (Vicia angustofolia). Hier gedeihen einige Arten, die früher auf den umliegenden Äckern möglicherweise häufiger auftraten, aber heute infolge der intensiven Landbewirtschaftung keine Chance mehr haben. Im Steinbruch sind sie auf Lösshänge beschränkt, wo durch die Erosion in den Hängen immer wieder offene Flächen entstehen.

Die Verbreitung der Kalktrockenrasen beschränkt sich auf einen sehr kleinen Bereich. Auch wenn die Pflanzengesellschaft nicht typisch ausgebildet ist, so enthält sie eine Reihe sehr seltener Arten. Charakterisiert wird der Kalktrockenrasen durch das Auftreten des seltenen Ohrlöffel-Leimkrautes (Silene otites).

Auf sehr flachgründigen Flächen tritt die Küchenschelle auf. Wegen der geringen Produktivität des Standortes ist die Gefahr der Vergrasung oder Verbuschung relativ gering.

Die Kalkhalbtrockenrasen zeichnen sich im Steinbruch vor allem durch Dost (Origanum vulgare) und Kronwicke (Coronilla varia) aus. Diese Arten müssen als Brachezeiger gewertet werden. Die Gundersheimer Kalkhalbtrockenrasen wirken alle mehr oder weniger gestört, da sie nicht wie sonst durch eine extensive Beweidung entstanden sind, sondern lediglich das Produkt einer mehrere  Jahrzehnte währenden ungelenkten Sukzession sind.

Vornehmlich am Fuß der Hänge, wo der  Abbau zuletzt aufgegeben wurde und die Luftfeuchtigkeit im Schatten der Steilhänge morgens länger hoch bleibt, stellt sich ein lückiger Bewuchs ein, in dem Hopfenklee, das Sand-Habichtskraut, der Acker-Wachtelweizen und die Violette Sommerwurz ihren Lebensraum finden.

Die große Artenzahl verdeutlicht, dass der Steinbruch sich nicht nur durch seine Trocken- und Halbtrockenrasenstandorte auszeichnet, sondern für eine Unzahl heute in der Kulturlandschaft fehlender Arten zu einem wichtigen Rückzugsbiotop wurde.

Der Steinbruch und seine Tierwelt

Der Arten- und Strukturreichtum des Gebietes spiegelt sich in einer reichen Tierwelt wider. Hasselbach wies mindestens 22 seltene Tagfalter- und Dickkopffalter-Arten nach. In dem bunten Mosaik von verschiedenen Vegetationstypen und Heckenland findet der Neuntöter einen geeigneten Lebensraum.

 

Flächenerweiterungen

Seit 2018 konnten in zwei Schritten Flächen hinzugewonnen werden, die das Naturschutzgebiet ergänzen sollen. Der Landkreis hat 2018 - finanziert durch die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz mit Mitteln aus Ersatzzahlungen - etwa drei Hektar angrenzende Ackerflächen erworben. 2022 konnte der BUND gefördert von der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz aus Mitteln der Glücksspirale weitere 1,7 Hektar ankaufen. Diese Flächen werden vom BUND ökologisch aufgewertet und zu artenreichem Grünland entwickelt.

Weitere Informationen finden Sie bei unserer Kreisgruppe Wonnegau.

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