Energiewende RLP: Richtung stimmt – Tempo zu langsam

Presseinformation vom 11.12.2024

Mainz. Der 15. Energiebericht der Landesregierung, der kürzlich erschienen ist, und die Zahlen aus dem Energieatlas der Energieagentur geben dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Rheinland-Pfalz die Möglichkeit, die in seiner Broschüre „Notfahrplan Energiewende Rheinland-Pfalz“ aufgestellten Forderungen zu überprüfen. Die im Jahr 2022 erschienene Schrift schreibt Entwicklungen im Energiebereich in 5-Jahres-Zeiträumen bis 2037 fort. Der BUND hat die Entwicklungen für den Zeitraum 2017 – 2022 zahlenmäßig überprüft. Neuere Zahlen liegen nicht vor.

Der stellvertretende Landesvorsitzende und Mitautor der Studie, Michael Carl fasst zusammen: “Rheinland-Pfalz bewegt sich in die richtige Richtung, allerdings mit deutlich zu niedriger Geschwindigkeit. Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Umbau der Wirtschaft müssen deutlicher auf der Agenda der rheinland-pfälzischen Politik auftauchen.“ Die Landesvorsitzende Sabine Yacoub ergänzt: „Wenn 2030 der Strombedarf bilanziell nur aus erneuerbaren Energien erfolgen soll, bleibt noch viel zu tun.“

Im Einzelnen stellte der BUND folgende Entwicklungen fest:

Der Bruttoendenergieverbrauch

2017 notierte der BUND für den Verkehr einen Verbrauch in Höhe von 44,5 TWh (inkl. anteilig Schiff und Flugzeug) und forderte für 2022 eine Senkung auf 37,2 TWh, also 7,3 TWh weniger. Mit einem Minus von 4,0 TWh ist RLP (im Gegensatz zum allgemeinen Trend) auf dem richtigen Weg, kann aber noch einiges mehr tun. Leider treffen diese Reduktionszahlen nicht auf den Bereich Wärme/Kälte zu, wo eine Steigerung festzustellen ist, was überhaupt nicht in die Landschaft passt: fast 10 TWh wurden 2021 mehr verbraucht als 2017. Beim Strom ist nur eine geringe Veränderung eingetreten (- 0,6 TWh). Summa summarum ist der Endenergieverbrauch nicht – wie dringend erforderlich – gesunken, sondern deutlich angestiegen, um 5,1 TWh oder 3,8 %. Der BUND hatte eine Senkung um gut 11 % (- 15,8 TWh) gefordert.

Der Ausbau der Erneuerbaren beim Strom

Hier hatte der BUND einen Ausbau von 10,8 TWh (2017) auf 16,5 TWh (2022) gefordert. Auch hier konnte das Land Rheinland-Pfalz die in es gesteckten Erwartungen nicht erfüllen. Lediglich 11,5 TWh wurden 2022 aus erneuerbaren Energien erzeugt. Dabei legen die Windenergie geringfügig, die Photovoltaik etwas deutlicher zu, ohne die BUND-Ziele auch nur annähernd zu erreichen. Die Stromerzeugung aus Biomasse nahm sogar geringfügig ab. Zuversicht erlaubt lediglich der zuletzt stark angestiegene Ausbau der Photovoltaik, der hoffen lässt, dass die für 2022 geforderten 4,0 TWh wenigstens im Jahr 2024 annähernd erreicht wurden. Zahlen dazu liegen noch keine vor. Die Veränderungen im Bereich der Wasserkraft und der Geothermie liegen im marginalen Bereich, wobei die Zahlen der Wasserkraft immer schwanken, je nach Wasserangebot.

Die Erneuerbaren bei der Wärme

Einen deutlichen Zuwachs bei Sonnenkollektoren auf gut das Doppelte und Wärmepumpen auf das Vierfache hatte der BUND 2022 gefordert. Durch die überwiegende Nutzung der Hausdächer für Photovoltaik ist der Markt für Kollektoren zur Warmwassererzeugung kaum vorangekommen. Bis 2020 (neuere Zahlen liefert die Energieagentur noch nicht) waren nur gut 7 % mehr Sonnenkollektoren eingebaut worden. Eine Hochrechnung für 2022 ergibt auch nur eine Steigerung um etwa 12 %. Bei den Wärmepumpen ist es bis 2020 zu mehr als einer Verdopplung gekommen. Die Hochrechnung für 2022 ergibt nahezu die geforderte knappe Vervierfachung. Dennoch bleibt hier nach der Verunsicherung der letzten Monate noch viel zu tun.

Das Sorgenkind: der Verkehrsbereich

Der Umstieg auf Elektromobilität war im BUND-Szenario mit (vorsichtig geforderten) 50.000 Pkw für 2022 begonnen worden. Im nächsten 5-Jahres-Zeitraum sollte der große Schub kommen. 2022 waren es wahrhaftig gut 50.000 Elektroautos – das aber bevor der große Einbruch durch den Wegfall der Förderung kam. Die häufig nur für kurze Strecken Elektrobetrieb geeigneten verschiedenen Hybridtypen erhöhen zwar die Zahl überaus deutlich auf nahezu 180.000, können aber nicht im Ernst für eine wirkliche Verkehrswende mitgezählt werden. Ob die vom BUND für 2027 geforderten 500.000 Elektroautos erreicht werden, erscheint angesichts einer Zahl von 70.000 Elektroautos im Jahr 2023 als äußerst fraglich.

Im Bereich der Busse und Lkws ist man kaum über das Stadium der Versuchsfahrzeuge hinausgekommen. Geschweige denn bei noch schwierigeren Fällen wie Schiffen und Flugzeugen! Im öffentlichen Verkehr muss aus Geldmangel sogar gekürzt werden, was das Fahrplanangebot anbelangt. Solange das Bundesverkehrsministerium nicht bereit ist, die deutlich gestiegenen Kosten auch mit entsprechend höheren Zuschüssen zu kompensieren, wird sich daran auch nichts ändern. Würde man endlich das Dieselprivileg und das Dienstwagenprivileg abschaffen, gäbe es zig-Milliarden, um den ÖPNV zu finanzieren.

Zum „Notfahrplan Energiewende“: www.bund-rlp.de/notfahrplan 

Für Rückfragen:

Michael Carl, stv. Landesvorsitzender: 02620 8416
Sabine Yacoub, Landesvorsitzende: 0174 9971892

BUND-Bestellkorb